Die geschwungenen Höhenzüge des Taunus und die fesselnde Silhouette von Frankfurt bilden die literarische Szenerie auf dem Hölderlinpfad. Es ist eine Ehrerbietung an den bedeutenden deutschen Dichter Friedrich Hölderlin, dem damit ein Wege-Denkmal gesetzt wurde. Neben einer Flut an Attraktionen bietet die Wanderung Einblicke in die tragische Geschichte des Genies, befasst sich aber auch synchron mit dem Hier und Jetzt einer äußerst reizvollen Region.
Rund 200 Jahre sind vergangen, da eilte Friedrich Hölderlin per Pedes und von Sehnsucht getrieben von Homburg nach Frankfurt. Der Hintergrund: Hölderlin, seinerzeit 26 Jahre jung, war Hauslehrer bei Jakob Friedrich Gontard, einem angesehenen Frankfurter Bankier. Die begrenzten finanziellen Mittel der Familie Hölderlin und die Weigerung eine kirchliche Karriere einzuschlagen zwangen ihn zu einer zusätzlichen Einnahmequelle. Hier in Frankfurt unterrichtete er die Kinder des Hauses und begegnete dabei zwangsläufig deren Mutter Susette. Sie wurde seine große Liebe. Bis der Hausherr von der Liebschaft erfuhr und ihn sofort des Hauses verwies. Er ging daraufhin nach Homburg zu Isaac von Sinclair, einem guten Freund aus Studienzeiten in Jena und Tübingen. Seiner Herzdame Susette Gontard blieb er aber treu und besuchte sie weiterhin – heimlich und regelmäßig versteht sich. Wobei er beide Strecken bei deren Stelldichein am Tag zurücklegte. Eine Route, die heute den Regionalpark RheinMain Taunushang mit dem Grüngürtel Frankfurt verbindet. Mit Vorfreude schnüren wir unsere Wanderschuhe für den Hölderlinpfad, der uns Zugang verschafft zum Leben und Lieben eines großen deutschen Denkers.
Spurensuche in Bad Homburg
Bereits im Stadtnamen teilt Bad Homburg vor der Höhe mit, dass der Hochtaunus allgemein kurz „die Höhe“ genannt wird. Ein wahrlich selten reicher Geschichtsraum. Keltenfestungen, römischer Limes, alte Dörfer und prächtige Burgen – von der Vorzeit bis zur Gegenwart ergeben sich ein Gesamtbild durch sämtliche Geschichteepochen. Bad Homburg vor der Höhe: Bereits die Römer schätzten die salzhaltigen Quellen, die nach ihrer Wiederentdeckung im 19. Jahrhundert Homburg zum mondänen Badeort werden ließen. Wer dazu maßgeblich beitrug war die Vielzahl an gekrönten Häuptern, die hier gerne ihren Sommer verbrachten. Anstelle der alles überragenden mittelalterlichen Homburg, von der alleine der mächtige weiße Turm erhalten blieb, entstand das prachtvolle Barockschloss von 1685. Es ist 9.00 Uhr und der Pförtner ist gerade in Begriff das schmiedeeiserne Tor zum Landgrafenschloss zu öffnen. Umgarnt von einer mit Blumen geschmückten Gartenanlage präsentiert sich der Prunkbau. Uralte Bäume erheben sich graziös in den blauen Morgenhimmel. Besonders gefällt uns darunter die Libanon Zeder von 1822 mit einem Stammumfang von rund sieben und einer Ausladung von 35 Metern. Übrigens das Hochzeitsgeschenk des Duke of Cambridge anlässlich der Hochzeit seiner Schwester mit dem Landgrafen. Unweit entfernt liegt das Sinclair Haus, jener Ort an dem Friedrich Hölderlin nach seinem Rauswurf in Frankfurt Unterschlupf fand. Hier beginnt unsere Wanderung auf dem Hölderlinpfad. Das Konterfei des Lyrikers gut sichtbar platziert gehen wir es gemütlich an. 22 Kilometer liegen ab jetzt vor uns. Wir überqueren die Kreuzung, halten auf das Rathaus zu und gehen weiter zum Bahnhof. Kurze Zeit später stehen wir in weiter Flur. Felder und Wiesen prägen nun das Bild, alte Bildstöcke weisen den Weg in Richtung Bergwerk Gnade Gottes. Und Loren erinnern bis heute daran, dass hier von 1830 bis 1926 Braunkohle Bergbau betrieben wurde. Leicht geschwungen präsentiert sich das Landschaftsbild, in dem in gebotenen Abstand immer wieder Richtungsweiser zeigen, wo es denn weiter geht. Wirkliche Berge sind keine in Sicht. So Umlaufen wir die Gemeinde Kalbach und gelangen zum Kätcheslachweiher einem Regenrückhaltebecken. Hier lassen wir uns für eine Rast auf einer Bank im Schatten nieder und nehmen einen vollen Schluck aus der Trinkflasche denn so mancher Kilometer auf dem Hölderlinpfad liegt bereits hinter uns.
In jeder Hinsicht beflügelnd
Drei Stunden, so sagt man, soll Friedrich Hölderlin für die Strecke von Homburg nach Frankfurt benötigt haben. Was freilich nicht als bewiesen gilt. Dokumentiert ist hingegen, dass er sich jeden ersten Donnerstag im Monat um zehn Uhr in Frankfurt am Adlerflychthof, dem Sitz der Familie Gontard, eingefunden hat. So lautete die Verabredung mit der Geliebten Susette. Dann wurden heimlich Briefe gewechselt, die deren Liebe auf’s neue bekräftigt. Es war die Zeit des Umbruchs, da Hölderlin versuchte seinem Leben eine entscheidende Wendung zu geben. Sein inniger Wunsch: Nun als freier Dichter und Denker seinen Lebensunterhalt zu bestreiten ganz wie seine großen Vorbilder Schiller, Goethe und Fichte. Was wäre wenn er weiterhin als Hauslehrer in Frankfurt gearbeitet hätte? Wahrscheinlich wäre der Welt ein großer Geist verwehrt geblieben. Weiter im Takt erreichen wir die saftig grünen Niddaauen deren Flüsschen dem Gebiet den Namen gegeben hat. Wir sind im Grüngürtel von Frankfurt angekommen. Ein schönes Beispiel dafür wie sich die Natur ihre Refugien zurückerobert zeigt hier der alte Flugplatz. Das von 1952 bis 2001 militärisch genutzte Areal ist heute ein beliebter Treff zum Entspannen. Heute fahren Kinder mit ihrem Fahrrad auf dem ehemaligen Rollfeld, spielen Fußball und tollen über die Wiesen. Ebenso ist der Tower und ein Teil der Gebäude erhalten geblieben – ein Ort der von Abschied und Wiederkehr erzählt und prächtig in den Themenweg integriert wurde.
Und in der Mitte liegt Frankfurt
Wir überqueren via Robert-Gernhardt-Brücke die Nidda, schwenken nach links und erreichen auf asphaltiertem Weg die Homburger Landstrasse. Immer wieder bekommen wir spektakuläre Blicke auf Frankfurt, das unaufhaltsam näher rückt. Ein kleiner Anstieg über den Frankfurter Berg nehmen wir locker unter die Sohlen, wandern durch Eckenheim und sind in einem Meer aus Häusern, die keinen Zweifel daran lassen, dass wir bald schon am Ziel angekommen sind. Hier am Goethehaus endet der Hölderlinpfad, was aber noch nicht bedeutet, dass wir am Ende unserer Reise angekommen sind. Frankfurt wartet darauf entdeckt zu werden. Frankfurt am Main das ist seit Jahrhunderten eine lebendige Metropole. Erstmals im 8. Jahrhundert erwähnt als die deutsche Geschichte anfing greifbar zu werden. Über Jahrhunderte fanden im Frankfurter Dom Kaiser und Königskrönungen statt. Über eine der letzten hat Johann Wolfgang von Goethe in seinen Erinnerungen berichtet. Goethe war Frankfurter. Sein Geburtshaus steht heute zwischen hoch aufstrebenden Glaspalästen. Seit 700 Jahren ist Frankfurt, auch gerne „Mainhattan“ genannt, eine bedeutende Messestadt und heute ein weltweit agierender Finanzplatz. Dazu eine der wichtigsten Drehscheiben Europas. Das ist vor allem darauf zurückzuführen, dass sie heute wie einst im Schnittpunkt der großen Verkehrswege liegt. War es früher eine Furt, eine seichte und damit leicht zu begehende Stelle im Main, so ist es heute die Autobahn, der Eisenbahnknotenpunkt und der Flughafen. Was man in Frankfurt gesehen haben sollte: Den Römer, also das prachtvolle Rathaus, das sich aus acht einst getrennt stehenden Häusern zusammensetzt. Den Dom, Paulskirche und natürlich die vielen Museen. Besonders empfehlen wir den Aufstieg auf den Maintower mit einem grandiosen Rundumblick auf die hoch aufragenden Bürotürme, den Main und die sanften Höhenzüge bei Bad Homburg wo wir jetzt hin zurückkehren.
Genussvoller Endspurt
Am Hauptbahnhof besteigen wir die Bahn, die uns zurück zum Ausgangsort befördert. Friedrich Hölderlin hatte es seiner Zeit nicht so komfortabel, denn er lief die gleiche Strecke nach seinem Treffen mit Susette Gontard zurück. Das werte bis 1800 dann verlässt der Dichter Homburg. Aufenthalte in der Schweiz und in Frankreich folgen bevor er 1804 zurück nach Homburg kehrt. Zwei Jahre zuvor verstirbt seine Susette. Hölderlin, steht’s kränklich, gezeichnet durch vielfache Aufenthalte in Sanatorien und Kliniken wird als unheilbar entlassen und lebt daraufhin im Tübingen Stadtturm, dem heute berühmten Hölderlinturm. Dort verstarb er 41 Jahre nach seiner großen Liebe und Muse. Unsterblich hat er sich allerdings mit seinen Werken der Nachwelt erhalten. Zurück in Bad Homburg haben wir noch genug Energie den Kurgarten zu besichtigen. Einst im englischen Stil angelegt bezaubert er mit einer Fülle an Prachtbauten und Denkmälern. Hier ein Siamesischer Tempel, dort eine Russische Kapelle. Deren Existenz sich einfach historisch begründen lässt. Denn die begüterten Dauergäste der Kureinrichtungen importieren mit Vorliebe ihre heimische Kulisse. Zur Grundsteinlegung der Russischen Kapelle erschienen sogar 1896 Zar und Zarin. Und den Siamesischen Tempel stiftete einst der thailändische König aus Dank für die erfolgreiche Badekur. Apropos Badekultur: Im mondänen Kaiser Wilhelm Bad kann man bis heute seine müden Glieder nach einer Wanderung auf dem Hölderlinpfad entspannen. Und danach, ja da fehlt nur noch eine zünftige hessische Gastwirtschaft zum finalen Glück. Die alte „Schreinerei Pfeiffer“ im originellen Lock bietet dabei alles was das Herz eines Wanderers erfreut. Schnitzel mit grüner Sauce dazu ein hiesiges Bier, so lecker – einGedicht, so wie es Friedrich Hölderlin nicht besser hätte schreiben können…..
Infobox
Charakter
Von welcher Richtung auch immer: Bad Homburg v. d. Höhe nach Frankfurt a. Main oder umgekehrt, die Wegweisung auf dem Hölderlinpfad ist ausgezeichnet. Das Konterfei des Lyrikers prangt unübersehbar auf den Richtungsweisern. Mit einer Gesamtlänge von rund 22 Kilometern ist die Route leicht an einem Tag zu bewältigen und verlangt keine besondere Kondition.
Anreise
Mit der Bahn: Bad Homburg v. d. Höhe ist mit der U-Bahnlinie 1-3 vom Verkehrsknotenpunkt Frankfurt a. Main einfach zu erreichen.
Mit dem Auto: Neben verschiedener kostenpflichtiger Parkhäuser bietet sich die Möglichkeit des kostenfreien Parkens in der Nähe der Jugendherberge (Mühlweg) bei den Sportanlagen an.
Tipp
Die RheinMainCard: Ermäßigung zu 40 Attraktionen, ungezwungenes unterwegs sein mit Bus und Bahn im Rhein-Main-Gebiet. Auch als Gruppenticket. Erhältlich unter anderem in der Touristinformation.
Bücher und Karten
Eine kostenfreie gedruckte Broschüre mit Karteninformationen ist in der Tourismusinformation Bad Homburg v. d. Höhe (im Kurhaus), sowie in Frankfurt a. Main (Am Römer) erhältlich (auch über das Internet einsehbar).
Ausrüstung
Der Hölderlinpfad verlangt keine spezielle Wanderausrüstung. Wir empfehlen: Leichte Wanderschuhe, Tagesrucksack mit Trinkflasche, Tagesproviant, Sonnencreme, Hut und Regenschutz.
Infos Kur- und Kongreß-GmbH Bad Homburg v. d. Höhe, Tel. 06172/178-3710 www.bad-homburg-tourismus.de
Tourismus+Congress GmbH Frankfurt am Main, Tel. 069/ 21238800; www.frankfurt-tourismus.de