Und wieder ein Klassiker. Der Moselsteig entführt den Genusswanderer durch eine der schönsten Kulturlandschaften Europas. Geprägt wird die von Wein, trutzigen Burgen, hoch aufragenden Steillagen und einer grandiosen 2000-jährigen Geschichte. Dabei verbindet die Tour malerisch die schönsten Aussichtspunkte und Sehenswürdigkeiten auf ihrem langen Weg bis hin zum Rhein.
Ihren windungsreichen Lauf beginnt der Strom in den französischen Vogesen. Auf der historischen Reise zur Mündung bis nach Koblenz schließt sie nicht nur das Großherzogtum Luxemburg, Frankreich und Deutschland mit ein, sondern auch Fachwerkperlen wie Bernkastel-Kues und eine Vielzahl an heimeligen Winzerdörfern. Die garantieren dem Naturfreund unverfälschte Gastfreundschaft und natürlich ein bemerkenswertes kulturelles Potpourri. Mit dem Qualitätssiegel „Wanderbares Deutschland“ versehen gehört der Moselsteig zu den längsten Fernwanderwegen im Lande.
Wanderschuhe an und los
Perl liegt im Dreiländereck der Obermosel. Gleich zu Beginn gefällt uns hier der Park von Nell. Ein wunderschön angelegter Barockgarten mit leuchtendem Palais und Quiriniuskapelle, die hier gemeinsam zu einem schmucken Gesamtensemble verschmelzen. Wir streifen den Rucksack über und machen uns gemütlich auf den Weg nach Palzem. Eine lange Etappe, welche von einem wechselnden Landschaftsbild geprägt wird. Wälder, weitläufige Wiesen und Felder des Saargaus begleiten uns, wobei mit etwas Glück sogar wilde Orchideen mit ihrer Blütenpracht entdeckt werden können. Dabei müssen wir uns so manchen Anstieg wie auf den Hammelsberg erkämpfen. Die Belohnung folgt auf den Fuß. Eine herrliche Aussicht ins Tal der Mosel. Von Palzem, dem ersten Etappenende, führt die mit einigen Wadenzwickern gespickte Route entlang zahlreicher lauschiger Wegkapellen bis nach Nittel. Das Moseltal wirbt unter anderem – neben den sich wild windenden Moselschleifen – damit, die meisten Sonnenstunden im Jahr abzubekommen. Was dann natürlich auch die Qualität der Weine maßgeblich beeinflusst. Auf den Spuren der Erdgeschichte bewegen wir uns nun zu den spektakulären Kalksteinfelsen, die vom Triasmeer vor ca. 210 Millionen Jahren geschaffen wurden. Und in Konz erhält die Mosel Unterstützung durch die einmündende Saar. Im Jahr 364 bis 375 n. Chr. wählte der römische Kaiser Valentinian l. den Ort als Sommerresidenz und setzte sich mit der Kaiservilla ein Denkmal bis in die Gegenwart.
Die Römer – ein zentrales Thema
Heute überqueren wir die Mosel und erreichen die älteste Stadt in Deutschland. „Vor Rom stand Trier eintausenddreihundert Jahre“, behauptet die Inschrift am Roten Haus am Hauptmarkt in Trier. Eine mittelalterliche Erfindung nicht ohne geschichtlichen Hintergrund. Im Trierer Tal gab es bereits im Jahr 300 v. Chr. eine Siedlung – Augusta Treverorum – das spätere Trier. Mit der Unterwerfung Galliens durch die Römer begann für den Eifel-Moselraum eine neue Epoche. An der antiken Fernverkehrsachse vom Mittelmeer zum Rhein (Lyon-Trier-Köln) entstand im Jahr 12 v. Chr. die älteste Stadt im Land, die im Laufe der römischen Besatzungszeit zur Residenzstadt aufstieg. Heute gehört sie zum Weltkulturerbe der UNESCO. Die Porta Nigra, das schwarze Tor, diente einst als Stadttor und gilt heute als unbestrittenes Wahrzeichen. Aber auch den mittelalterlichen Marktplatz mit seinen wunderbaren Giebelbauten sollte man sich ansehen bevor man weiterwandert. Der Moselsteig verläuft weiter über Schweich mit seinem schönen Segelhafen bis nach Mehring, wo uns der Anstieg zum Mehringer Berg mehr als nur eine Schweißperle auf die Stirn treiben soll. „Puh, geschafft“, meint Manuela und nimmt einen gehörigen Schluck aus der Trinkflasche. Was wir zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht vermuten: Konditionell wird’s nochmals anspruchvoller, was die Wanderung durch die Mehringer Schweiz eindrucksvoll zu unterstreichen vermag. Entschädigt werden wir allerorts mit phantastischen Weitblicken über hunderttausende Weinreben und dem Abstieg in den idyllischen Weinort Leiwen. Die Römer – wie könnte es auch anders sein – brachten die Weinreben an die Mosel. Daran erinnert eindrucksvoll das steinerne, rekonstruierte Weinschiff in Neumagen-Dhron. Ein Grabmal eines römischen Weinhändlers aus der Zeit um 220 n. Chr. Das Original hingegen kann im Trierer Museum bewundert werden.
Fachwerkperlen an der Mosel
Ein weiterer aussichtsreicher Tag führt durch die romantischen Weinlagen der Region. Kesten/Osann-Monzel heißt das erste Ziel für heute, wo mit dem römischen Sauerbrunnen über schattenspendenden Forstwegen ein Ort erreicht ist, an dem es sich prächtig picknicken lässt. Prickelnd, erfrischend kühl und mit einer leicht metallischen Note sprudelt hier das Wasser des Sauerbrunnens ans Tageslicht. Und wir sind nicht die Einzigen an diesem Tag, denen diese Wegmarke auf dem Moselsteig gefällt. Davon kann auch die Fachwerkperle Bernkastel-Kues ein munteres Liedchen trällern. Denn im Bunde herausragender Gebäudeensemble, hat sich das mittelalterlicher Städtchen Bernkastel-Kues besonders gut bewahrt. Hoch über der Stadt erhebt sich die Ruine Landshut, die wir gerade ansteuern. Sie erzählt uns die Geschichte von einem todkranken Kleriker, der Heilung durch einen Becher Moselwein erfuhr. Dieser Sage verdankt der „Bernkasteler Doctor“ seinen Namen. Eine Gaumenfreude, die zu den berühmtesten Tropfen Deutschlands zählt. Die Aussicht von hier oben lässt gleich jedes Herz höher schlagen. Im Ortskern schlendern wir zum einladenden mit Kopfstein gepflasterten Marktplatz. Rings um den St. Michaelsbrunnen erheben sich eine Vielzahl jahrhundertealter, reichlich verzierter Fachwerkfassaden. Darunter verdienen besonders das historische Rathaus ebenso das „Spitzhäuschen“ ein hohes Maß an Aufmerksamkeit. Tipp: Die Straußenwirtschaft von Karl Dillinger in der Graacher Straße. Urig- gemütlich mit einfachen leckeren Speisen und edlen Tröpfchen natürlich. Und für Süßmäulchen im Anschluss ist der Besuch beim Bonbon Willi zu empfehlen – einer der letzten traditionellen Bonbonmacher im Lande.
Hoch hinaus
Die Tage verfliegen wie im Nu, auch wenn die eine oder andere Etappe ganz schön an den Kräften zehrt. Der weitere Streckenverlauf im sonnenverwöhnten Tal der Mosel bleibt spannend. Der führt uns entlang der Hangkante Richtung Ürzig. Dazwischen liegt Zeltingen-Rachting und das Kloster Machern, in dem es sich herrlich einkehren lässt. Und das einen phänomenalen Blick auf den neuen Hochmoselübergang parat hält. Im Auf- und Abwärtsgang und so manche Moselschleife stromabwärts stapfen wir von Ürzig weiter nach Traben-Trarbach.
Eine Jugendstilperle und Doppelort, der seit Jahrhunderten von einer malerischen Steinbrücke überspannt wird. Schon früh wussten die wohlhabenden Weinhändler um die liebliche Lage der Winzergemeinde. Ausdruck ihrer Wertschätzung sind die herausragenden Bauwerke der „Belle Epoque“, die ihren Teil zur Moselgeschichte beitragen. Kein Wunder, war der Ort einst der größte Weinumschlagplatz nach Bordeaux. Mächtige Burgen, oder das was manchmal noch davon über geblieben ist, bilden die kulturhistorische Klammer in der Region. Weithin sichtbar liegt damit die Grevenburg vor unserem Auge. Eine weitere markante Wegmarke auf der schweren Etappe über Reil nach Zell, wo wir den Spuren der alten Kanonenbahn folgen sollen. Hier vom Prinzenkopf genießen wir die grandiose Aussicht ins Tal und freuen uns bereits sehr darauf dort die „Zeller Schwarze Katz“ – ein edles Tröpfchen – zu verkosten. Dieser Energieschub kommt auch keinen Moment zu früh, über Neef erreichen wir nämlich die kürzeste aber auch
schwierigste Etappe auf dem Moselsteig. Denn es geht hinauf in den steilsten Weinberg Europas. Den Bremmer Calmont. Dem steigen wir hier sprichwörtlich aufs Dach, was mit atemberaubenden Blicken wie zum Beispiel auf die Klosterruine Stuben belohnt wird. Wer es noch gerne etwas sportlicher möchte, kombiniert die Tour mit dem berühmten Calmont-Klettersteig zwischen Bremm und Ediger-Eller. Es lohnt sich!
Hier sitzen wir immer in der Ersten Reihe
Mit Beilstein bis nach Cochem steht heute eine Doppeletappe auf dem Programm. Die anspruchsvolle Wegstrecke weiß nicht nur mit einer Vielzahl an Heiligenhäuschen zu punkten, sondern auch mit herrlichen Panoramen in der „Briedeler Schweiz“. Lauschige Natur- und Waldpfade und die gewohnt hervorragende Ausschilderung lassen gleich jedes Wanderherz höher schlagen. Und die berühmte Klostertreppe, ebenso die große Karmeliterkirche von Beilstein wissen hier genau, wie sie sich kulturell in Szene setzen müssen. Um einiges lebhafter wird es hingegen in Cochem, welches sich markant bereits von der senkrechten Felswand der Brauselay ankündigt. Im Sonnenschein badend grüßt uns hier die historische Reichsburg, welche auf eine 1000-jährige Geschichte zurückblickt. Hoch über der Stadt hat sie ihren Platz gefunden und wacht über die verwinkelte Altstadt mit all ihren Kulturschätzen. Als Tipp wäre auch die historische Senfmühle zu nennen, denn dort kann jeder dem Senfmüller bei der Arbeit über die Schulter blicken. Nach Originalrezepten aus den Jahren 1520 und 1820 werden hier äußerst schmackhafte Gourmet-Senfsorten hergestellt. Auf Cochem folgt Treis-Karden, wo unterwegs der Archäologie-Park Martberg mit seinen originalgetreu rekonstruierten Gebäuden des ehemaligen keltisch-römischen Bergheiligtums zu einer spannenden Zeitenreise einlädt. Langweilig wird es hier nie, denken wir uns, und freuen uns schon auf die nächste Etappe in Richtung Rhein.
Die Burg der Burgen
Heute, so kündigt es unsere Wanderkarte bereits an, soll uns die Etappe auf herrlichen Pfaden auf teilweise mit Seilen gesicherten Abschnitten zu einer der herausragenden Höhepunkte auf dem Moselsteig lotsen. Bis es soweit ist begleiten uns wilde Buchsbaumbestände und steile Anstiege bis tief hinein ins Elztal. Und dann liegt sie vor uns, schemenhaft, unverwechselbar und märchenhaft. Die Burg Eltz lässt bitten. Auf einen Giebel, Erker oder Türmchen mehr oder weniger kommt es hier nicht mehr an. Entscheidend ist, dass mit diesem bereits im 12. Jahrhundert begonnenen Bauwerk etwas geschaffen wurde, was den Namen Bilderbuch-Burg ohne jeden Abstrich verdient. Nicht ohne Grund zierte
sie viele Jahre den 500-DM Schein. Lange lassen wir den Anblick auf uns wirken, bevor wir dem Elzbach folgend nach Moselkern kommen.
In großen Abständen wird die Mosel durch diverse Staustufen gebremst. Dazwischen teilen sich Wassersportler und die Moselschiffer den Fluss. Löf, das wir durch das Kehrbachtal erwandern, weist uns den weiteren Weg mit wiederholt schönen Aussichten zur Burg Thurant, die eine der ältesten Burgen im Moselland darstellt. Nach zwei bemerkenswerten Aussichtspunkten windet sich der Steig eigenwillig in steilen Serpentinen in das Aspelbachtal nach Kobern-Gondorf an die sonnige Untermosel. Das schmückt sich mit der über die Lande hinaus bekannten Matthias- Kapelle, die Ritter Heinrich II. von Isenburg im Jahre 1220-1240 erbauen ließ.
Endspurt an die einzige Stadt an Rhein und Mosel
Tausende von Höhenmeter gemeistert, unzähligen Wadenzwickern getrotzt, berauschende Panoramen und so manchen edlen Tropfen verkostet nähern wir uns jetzt unaufhaltsam unserem Ziel in Koblenz. Perl, unser Ausgangspunkt, liegt schon so weit zurück und dennoch genießen wir rückblickend jede einzelne erwanderte Etappe. Auf Natur belassenen Wegen und steilen Pfaden nach Winningen entdecken wir gleich zwei Burgen und machen mit dem fabelhaften Tatzelwurm Bekanntschaft. Einem Fabelwesen, das – halb Löwe, halb Lindwurm –versteckt hier sein Unwesen treiben soll. Wie jede kleine und größere Ortschaft am Strome hat natürlich auch Winningen einiges zu bieten. Denn hier dreht sich alles um die „Hex“: Weinhex, Hexenhügel und der Weinhexbrunnen, der malerisch von Fachwerkbauten umgeben in dem Ort auf Besucher wartet. Nicht zu vergessen die legendären und über die Grenzen hinaus beliebten Weinfeste mit grandiosem Abschlussfeuerwerk. Jetzt fehlt nur noch eine Etappe, die sich anfänglich in luftige Höhen schwingt und nochmals mit so manchem Blick über die geschwungenen Weinberge punktet kann. Dann stehen wir in Güls, dem offiziellen Ende des Moselsteigs. Uns zieht es indes aber weiter bis an das Deutsche Eck in Koblenz mit seinem markanten Reiterdenkmal. Dem Ort, wo sich der Moselstrom mit Vater Rhein verbindet und sie im Bunde gemeinsam gen Nordsee fließen. Im Abendlicht heben gerade die letzten Gondeln in Richtung Festung Ehrenbreitstein ab. Eine grandiose Kulisse und wirklich ehrwürdige Marke diesen wunderbar-wanderbaren Moselsteig zu beschließen.
Infobox
Charakter
Der Moselsteig verläuft über (24 Etappen) rund 370 km von Perl bis nach Koblenz an den Rhein. Von unterschiedlichen Anforderungen geprägt – mal leichte, mittelschwere und sehr schwere Wegstrecken – empfehlen wir eine gute Kondition. Es erwartet den Wanderer gut ausgebaute Naturwege und Pfade, die bestens ausgeschildert sind. Auf Wunsch können längere Etappen mit öffentlichen Verkehrsmitteln verkürzt werden. Ebenso besteht die Möglichkeit über die Mosellandtouristik ein Gepäcktransfer von einer Unterkunft zur nächsten zu organisieren.
Anreise
Auto: Perl erreichen Sie mühelos über die Autobahn A8 (AS Perl) oder über die B 419.
Bahn/ Bus: Mit Bus und Bahn erreichen Sie Perl über folgende Bahnhöfe: Ab dem Hauptbahnhof Trier fährt stündlich eine Regionalbahn den Bahnhof in Perl an. Über den Eurobahnhof Saarbrücken fahren Sie in Richtung Merzig. Ab dem Bahnhof Merzig fahren die Buslinien 207 und 210 regelmäßig Perl und seine Ortsteile an.
Informationen zu den ÖPNV-Pläne erhalten Sie bei ORN Omnibusverkehr Rhein-Nahe GmbH unter www.bahn.de/rheinnahebus oder Tel.: 0651/147520. Mit dem Fernbus nachTrier: www.fernbusse.de
Ausrüstung
Robuster Wanderschuh, Wanderstöcke, Tagesrucksack mit Proviant und Trinkflasche, Sonnenschutz, Mütze und kleines Erste-Hilfe-Set.
Literatur
Hikeline Wanderführer Moselsteig ISBN: 978-3-85000-611-8
Preis: € 11,90; www.esterbauer.com
Infos
Wein- und Ferienregion Bernkastel-Kues GmbH
Gestade 6, 54470 Bernkastel-Kues, Tel.: +49 (0) 6531/500 19-0, www.bernkastel.de; Mosellandtouristik GmbH, Kordelweg 1, Bernkastel-Kues, Tel: +49 (0) 6531/9733 -0, www.moselsteig.de; www.visitmosel.de