Trekking auf dem Mühlenweg

9 Wasser- und 2 Windmühlen gebettet in zauberhafte Landschaftsbilder dazu historische Technikgeschichte zum Anfassen – damit wirbt die Wandertour auf dem Mühlenweg.

Die Entdeckung der Langsamkeit bekommt dabei zusätzlich einen heiteren Anstrich: Familienfreundliche einfache Etappen und einladende Begegnungen punkten hier ohne Ausnahme in der Naturregion am Wiehengebirge.

Draußen rauscht seit Menschengedenken wild und ungezähmt der Mühlbach und treibt dabei das übergroße Wasserrad mit seinem Eisenkranz und Holzschaufeln an. Drinnen bewegen sich die tonnenschweren Mühlsteine, zermahlen Korn oder sägen und  hämmern im Rhythmus einer natürlich sauberen Energiequelle. Wind- und Wassermühlen galten über Jahrhunderte hinweg als die innovativste und wichtigste Arbeitsmaschine der Gesellschaft. Der Verein engagierter Mühlenfreunde hält bis heute die Erinnerungen im Terra Vita Naturpark Wiehengebirge wach. Auf dem Rundkurs von beinahe einhundert Kilometern geht es über verschlungene Waldpfade, offene Feld- und Wiesenlandschaften von einem Höhepunkt zum nächsten.

Das Wandern ist nicht allein – des Müllers Lust

Die Gemeinde Wallenhorst haben wir als Ausgangspunkt für unsere mehrtägige Wanderung auf dem Mühlenweg gewählt. Was uns direkt auffällt ist die Alte St. Alexanderkirche, die der Sage nach von Karl dem Großen auf der Spitze nicht mit einem Hahn, sondern einer Henne bedacht wurde. Damit diese mit gutem Beispiel vorangehen möge und weitere Kirchen in der Region ausbrüten sollte. Das ist natürlich lange her. Gemütlich setzten wir uns heute voller Vorfreude in Gang, passieren das Wohnviertel und finden uns bald schon in weiten offenen Landschaften wieder. Die Brücke über den Stichkanal Osnabrück weist uns den Weg nach Wersen, wo wir gleich auf ein ganzes Ensemble an Wassermühlen treffen. War die Tüchter Mühle eine Kornmühle aus dem 13./14.Jahrhundert so wurde die gleichaltrige Mühle Borgmann zur Produktion von Öl aus Bucheckern eingesetzt. Besonders gefällt uns aber die nur wenig später folgende Kupfermühle Bohle. Im Laufe der Zeit diente diese vielseitig als Walkemühle und knetete Tuch, unterstützte bei der Herstellung von Leinen. Sie mahlte Korn, presste Öl, sägte Bretter und Balken für den Bau. Wunderbar gelegen und über eine historische Brücke erreichbar ist sie bis heute ein geschätztes Baudenkmal. Auf einer Bank lassen wir uns nieder, lauschen dem Mühlenbach und verzehren unseren Proviant. Erst dann zieht es uns weiter, denn laut unserer Karte war das erst der Anfang von einer ganzen Reihe an Attraktionen auf dem Mühlenweg…

Um die Mühlen herum Natur pur & Historie erleben

Ein Geflecht aus Wasserstrassen begleitet uns auf den bestens ausgeschilderten Wegen nach Hollage. Dessen gleichnamiger Mühlenturm dient heute gemeinsam mit einem Nebengebäude als Jugendfreizeitstätte. Waren es eben noch weite Wiesenlandstriche so gehen diese jetzt Hand in Hand über in den bunten Mischwald der  Schleptruper Egge. Dessen Landschaftsprofil hält prompt einige kleine Anstiege parat. Erste schöne Panoramablicke liegen nun vor uns bevor wir die nächste der Mühlen ins Visier nehmen. Hier punktet die immer noch aktive Mühle Sommer ebenso die herrlich im Wald gelegene Wassermühle „Zur Mühlen“, die schon um das Jahr 1000 herum als eine Getreide- und Bockemühle zuverlässig ihren Dienst verrichtete. Angrenzend liegt der von Laubwald umgarnte Mühlensee – eine wunderbare Kulisse. Der Wind in den Bäumen, ein Pfeifen auf den Lippen so marschieren wir jetzt einem historischen Ereignis entgegen. Denn in Kalkriese folgen wir den 1987 endlich wieder gefundenen Spuren der Legionen des Varus – ein epochales Ereignis, das die Historiker weltweit in Atem hält. Im Jahre 9 n. Chr. kam es zur entscheidenden Schlacht im Teutoburger Wald. Die germanischen Stämme unter Führung des Cheruskerfürsten Arminius schlugen die Römischen Legionen vernichtend. Varus, der Gescheiterte, stürzte sich nach der Niederlage schein’s ausweglos in sein eigenes Schwert.

Heute beeindruckt das auffällige Museum mit Fundstücken, wie der 2.000 Jahre alten Eisenmaske. Tipp: Aufstieg in den Turm mit grandiosem Weitblick in den Naturpark – müde Beine nehmen den Aufzug – wie auch immer, es lohnt sich.

Schloss, Land, Fluss

Die Schmittenhöhe ist mit 157 Metern die höchste Erhebung auf dem Mühlenweg. „Das hätten wir schon einmal geschafft“, schmunzelt Manuela und nimmt einen kräftigen Schluck aus der Trinkflasche. Im Auf- und Abwärtsgang ziehen wir weiter des Weges Schloss Barenaue entgegen. Ein wirklich repräsentatives Bauwerk, das nur erbaut wurde, weil die Alte unweit gelegene Burg zu klein wurde. In den Kriegswirren diente das Schloss den Besatzungsmächten, später war es ein Seniorenheim und heute befindet es sich in Privatbesitz. Wirklich überraschend hingegen zeigt sich die Wasserburg Alt Barenaue. Dahin gelangen wir über einen von knorrigen stark geneigten Linden flankierten Damm. Schenkt man der Geschichte Glauben, so diente das Gehölz früher den Rittern nach Trinkgelagen als Ort zum Anlehnen. Dann taucht die weiß getünchte Burg vor unsern Augen auf. Wunderbar. Eine bruchsteinerne Bogenbrücke führt zum Haupteingang. Das ganze Ensemble spiegelt sich im Wasser wider. Die Sonne scheint – wie aus einem Bilderbuch. Dort wo uns der Wald wieder freigibt überqueren wir alsdann den Mittellandkanal, streifen einen Wanderparkplatz, laufen bergan und erreichen den Aussichtsturm Venner Berg. Der Aufstieg ist schnell gemeistert, die Aussicht in die Region einfach nur großartig. Dann geht’s bergab nach Venne. Hier gibt es viel zu entdecken: Schöne Fachwerkbauten auf der Mühleninsel, Eisenzeithaus und das Waffelmuseum. Letzteres erzählt die Geschichte des Waffelbackens vom 15. Jahrhundert bis heute. Die Schauräume bieten die größte Back‑Eisen‑Sammlung der Welt. Darunter Unikate wie ein spanisches Backoblateneisen aus dem 16. Jahrhundert und anschauliche Präsentationen bis hin zur industriellen Backproduktion. Und die kann sich sehen lassen, denn nebenan befindet sich die größte und auch modernste Backlinie Europas.

Geschichte zum Anfassen

Beeindruckt drehen wir Venne den Rücken zu und peilen einen ganz anderen Höhepunkt auf dem Mühlenweg an. In Driehausen lassen sich Spuren der menschlichen Besiedlung bis zu Beginn der Jungsteinzeit vor etwa 4.000 vor Christus entdecken.  Ein Großsteingrab, das nicht das einzige auf der Route bleiben soll. Denn in Vehrte geht die Reise in die Vergangenheit gleich weiter. Nur wenige hundert Meter voneinander entfernt liegen hier im Laubwald der so im Volksmund genannte Teufels Backtrog und Teufels Backofen. Hier pausieren wir eine Weile bevor wir der Beschilderung zum nächsten Höhepunkt folgen. Der ist auch gar nicht so weit entfernt, nennt sich Süntelstein und soll früher als Kultstelle gedient haben. Dann wird der Waldweg breit, der Forst wechselt hin zur offenen Feld- und Wiesenlandschaft. Vereinzelt stehen Häuser umher bevor wir erneut in dichten Wald eintauchen. Wir müssen etwas suchen, aber bald ist der Butterstein auf dem Gattberg entdeckt. Der größte Granitblock im Osnabrücker Land. Man sagt hier kamen die Germanen zum Burggericht zusammen.

Die Runde schließt sich in Wallenhorst

Auf der letzten Etappe wandern wir auf den Spuren des Sachsenherzogs Wittekind, die an seine berühmten Streifzüge erinnern. Ein Kultur-Historischer Höhepunkt bildet dabei die Wittekindsburg in Rulle. Die ist eine frühgeschichtliche Befestigungsanlage und besteht aus mehreren heute noch zu erkennenden Systemen aus Gräben und Wällen. Hierhin soll sich der Anführer 783 nach einer verlorenen Schlacht vor den fränkischen Feinden zurückgezogen haben. Ein schmaler Pfad führt nun hinab ins Nettetal direkt zu einer Oldtimermühle. Die Wassermühle soll so sagt man noch in die Gründerzeit Karls des Großen reichen. Heute wird hier Vollkornmehl produziert. Damit ist die Mühle der einzige Wassermühlenantrieb im Osnabrücker Land, der mit seiner historischen Anlage Vollkornmehl herstellt. Im angrenzenden Restaurant stärken wir uns für die letzte Strecke zurück zum Ausgangspunkt. Dabei markiert dominant und prachtvoll die Lechtinger Windmühle in einer offenen Wiesenlandschaft. Die zeigt sich als Holländerwindmühle. Regional auch Kappenwindmühle genannt, weil sie mit einer drehbaren Haube oder Kappe sich richtig und effizient mit ihren Flügeln in den Wind drehen kann. Heute geöffnet! Die Mühlenfreunde werkeln an der Einstellung der Mühlensteine herum, andere managen den Verkauf von Mehl, Getreide und Naturprodukte aus der Region. Einfach wunderbar. Von hier setzen wir den Schlussspurt zurück nach Wallenhorst und beschließen die tollen Wandertage auf dem Mühlenweg.

Info

Charakter

Der Mühlenweg in ein rund 100 Kilometer langen Rundweg im Wiehengebirge. Dabei begleitet den Wanderer als Wegweisung ein weißes „M“ auf schwarzem Grund. Teilweise findet sich auch der Buchstabe aufgemalt und gut sichtbar an Bäumen wieder. Die Route führt über Wald-, Wiesen- und Forstwege aber auch über asphaltierte Bahnen, die allerdings die Ausnahme bleiben. Einen ganz besonderen Service bietet das Hotel Lingemann in Wallenhorst an: Wanderer können sich hier einquartieren und werden täglich zum fortlaufenden Ausgangspunkt gebracht und nach der Etappe wieder abgeholt. 

Karten

Wanderkarte Mühlenweg im Wiehengebirge, 4,80 Euro zzgl. Versandkosten – oder als Selbstabholer vor Ort.

Zu beziehen bei: Rathaus der Gemeinde Wallenhorst, Rathausallee 1, 49134 Wallenhorst, Tel.: (05407) 888-0, oder Tourismus- und Tagungsservice Osnabrück | Osnabrücker Land, Bierstraße 22-23, 49074 Osnabrück, Tel.: (0541) 323 4567

Ausrüstung

Als Ausstattung empfehlen wir: Leichte Wanderschuhe mit Profilsohle, (Tagesrucksack bei einer Pauschalbuchung mit Fahrservice), Tagesproviant, Trinkflasche, Erste Hilfepaket, Regenkleidung, Sonnenschutz.

Anreise

PKW:

Wegen dem Rundkurs bietet sich die Anreise mit dem eigenen PKW nach Wallenhorst an. A1 Abfahrt Osnabrück Nord/Wallenhorst Nr. 70. Auf die L 109 in Richtung Ostercappeln. Nach 3 km auf der linken Seite.

Bahn: Wallenhorst hat keine eigene Bahnanbindung. Der nächste Bahnhof  ist ca. 1 km westlich der Gemeindegrenze  bei Halen in der Gemeinde Lotte gelegen. Komfortabler fährt man mit dem Zug bis Osnabrück und nimmt den Bus Nr. 584 Hasetor/Altstadt nach Wallenhorst.

Weitere Infos: www.bahn.de

Infostellen
Tourismusverband Osnabrücker Land e.V., Tel.: 0541-323-4567, www.osnabruecker-land.de, www.muehlenweg-am-wiehengebirge.de Natur- und Geopark Terra.vita, Tel.: 0541-501-4217, www.naturpark-terravita.de

Mühlenweg- Fotos_Klaus Herzmann-58
Mühlenweg- Fotos_Klaus Herzmann-56
Mühlenweg- Fotos_Klaus Herzmann-8
Mühlenweg- Fotos_Klaus Herzmann-36
Mühlenweg- Fotos_Klaus Herzmann-26
Mühlenweg- Fotos_Klaus Herzmann-19
Mühlenweg- Fotos_Klaus Herzmann-15
Mühlenweg- Fotos_Klaus Herzmann-14
previous arrow
next arrow
Mühlenweg- Fotos_Klaus Herzmann-58
Mühlenweg- Fotos_Klaus Herzmann-56
Mühlenweg- Fotos_Klaus Herzmann-8
Mühlenweg- Fotos_Klaus Herzmann-36
Mühlenweg- Fotos_Klaus Herzmann-26
Mühlenweg- Fotos_Klaus Herzmann-19
Mühlenweg- Fotos_Klaus Herzmann-15
Mühlenweg- Fotos_Klaus Herzmann-14
previous arrow
next arrow