Trekking auf dem John Muir Way in Schottland

John Muir gilt als Vater der Nationalparks und als Pionier der Naturschutzbewegung. Mit dem gleichnamigen Fernwanderweg wurde ein neuer Track in Schottland eröffnet, der so scheint es genauso viel Potential zum Klassiker birgt wie sein Pandon in den USA.

Naturfreund, Entdecker, Schriftsteller, Erfinder, Ingenieur und Geologe – John Muir war ein umtriebiger Zeitgeist. Als Begründer der Nationalparkidee, die ihren Anfang in Nordamerika nahm, wurde der gebürtige Schotte aus dem Küstenstädtchen Dunbar weltberühmt. Im Alter von nur elf Jahren wanderte er 1849 mit seiner Familie in die Staaten aus. Er entwickelte sich im Laufe seines Lebens mehr und mehr vom Naturforscher zum Naturschützer. Dabei nahm er viele Ideen der heutigen Öko-Natur und Tierrechtsbewegung vorweg, deren Bestrebungen uns heute ganz natürlich erscheinen. Ein klares Statement: Ihm zu Ehren und zum 100sten Todestag eröffnete Schottland 2014 den insgesamt 215 Kilometer langen Fernwanderweg von Helensburgh an der Westküste nach Dunbar an die Ostküste. Drei Etappen davon haben wir unter die Sohlen genommen – von der Hauptstadt Edinburgh hin zum Geburtsort des weisen Vordenkers.

Metropole mit Aussichten

Edinburgh ist mit seinen 500.000 Einwohnern zwar kompakter als Glasgow, konnte sich aber dennoch als Schottland’s Hauptstadt durchsetzen. Die Tatsache verdankt es wahrscheinlich neben der Schönheit seines Stadtbildes zu Füssen der mächtig imposanten Burg vor allem dem jährlich regen millionenfachen internationalen Touristenstrom. Was für ein Auftakt zu unserer rund 70 Kilometer langen Wanderung, denken wir uns beim Anblick der flatternden Fahnen entlang der Royal Mile. Die unzähligen klassizistischen Bauten, das mittelalterliche Stadtbild, Dudelsackklänge, die durch enge gepflasterte Gassen wehen. Dazwischen findet sich eine Sehenswürdigkeit an der nächsten. Eine Treppengasse führt hinunter zum Grassmarket, wo früher der Henker die Lebenden – na Sie wissen schon! Dort erinnert noch das Pub „The Last Drop“ an jene Zeit. Heute sitzen hier unzählige Menschen entspannt auf mittelalterlichen Stufen zusammen. Ein wirklich friedliches Miteinander! Das gefällt uns. Überstrahlt und um das Gesamtbild zu vervollkommnen dominiert hoch oben Edinburgh Castle die Stadtsilhouette. Hier dürfen wir auch die Ehrenzeichen Schottlands bewundern. Die Kronjuwelen und den Stein von Scone, der traditionell bei den Krönungszeremonien zum Einsatz kam. Gegenüber liegt Calton Hill mit seinen imposanten Denk- und Mahnmälern und einem nicht zu übertreffenden Gesamtblick über Edinburgh.

Auf geht’s an die Küste

Der Gemüsehändler an der Ecke Minto Street drapiert eben noch seine frische Ware auf dem Verkaufstand als wir am frühen Morgen unsere Wanderung auf dem John Muir Way beginnen. Durch ein Gewirr aus Straßenzügen halten wir auf den Arthur’s Seat zu. Ein Aussichtsberg den wir schon einmal in früheren Tagen bei einem Besuch der Stadt bestiegen haben. Grandios das Panorama, grandios auch der Blick auf „Holyrood Palace“, der offiziellen Residenz der britischen Königin in Schottland. Umschlossen von einer weitläufigen Gartenanlage können sich die Besucher durch einen öffentlich zugänglichen Teil der Räumlichkeiten treiben lassen. Was für ein Prunk, was für eine Machtdemonstration des Britischen Empire. Dem Konterfei John Muir’s auf der Beschilderung folgend laufen wir jetzt entlang einem Golfplatz und durch kleinere Vororte dem Meer entgegen. Nicht mehr als einen Steinwurf von der Felsenküste und von den sandigen Stränden entfernt geht es auf dem Küstenweg nach Musselburgh. Die gilt nicht nur als eine der ältesten Gemeinden im Land sondern ist auch sichtlich stolz darauf den ältesten Golfplatz der Welt ihr eigen zu nennen. Wir überqueren den River Esk, wo gerade Angler ihre Leinen auswerfen. Gleichgesinnte hingegen haben wir bis jetzt noch keine gesehen. Und das soll auch so bleiben bis nach Prestonpans. Hier entdecken wir Denkmäler wie auf eine Perlenspur gezogen: Prestongrange House und Hamilton House, Northfield House und nicht zuletzt die Villa Harlaw. Allesamt so um das 17. Jh. erbaut spiegeln die Herrenhäuser viel vom alten Glanz vergangener Tage wieder. Weiter dem perfekt ausgebauten Weg an der Küste folgend halten wir nun auf Cockenzie and Port Seton zu. Ein kleiner bunter Fischerort so ganz typisch für Schottland: Pups, Gemischtwarenladen, alte Steinhäuser mit hübschen Giebeln und einem schmucken Garten davor – und ein Fish & Chips Restaurant, in dem wir uns die Bäuche zur Mittagszeit vollschlagen.

Bilderbuchansichten

Das so oft heraufbeschworene wechselhafte Wetter in Schottland mit seinen plötzlichen Regenschauern scheint völlig an uns vorüber zu gehen. Nichts, aber auch gar nichts trübt die Stimmung an diesem sonnigen Tag. Aberlady steht für die nächste Wegmarke auf der Tour. Dazwischen Menschen leere endlose Sandstrände, die immer wieder zum Rasten einladen. So natürlich auch die Gemeinde in einer Bucht am Südufer des Firth of Forth, die wir nur wenig später erreichen sollen. Aberlady hat viel zu bieten. Ein herrliches Naturreservat, Sanddünen und einige Sehenswürdigkeiten, wie das prunkvolle Gosford House. Die cremefarbige doppelstöckige Perle liegt inmitten eines weitläufigen Anwesens und wird flankiert von zwei barocken Flügeln. Ein grandioser Blickfang. Wir drehen dem schmucken Ort den Rücken zu, wandern in flachem Terrain zum Ortsausgang und entdecken einen schönen Holzsteg über den Fluss Peffer Burn. Hier halten wir uns rechts, wandern ins Landesinnere und queren erst einen Kilometer weiter den Strom. Erneut streifen wir einen nicht mehr endend wollenden Golfplatz der schlussendlich ins benachbarte Gullane in die Grafschaft Haddingtonshire führt. Unser Hauptaugenmerk liegt nun aber auf Dirleton mit seinen bunten duftenden Gärten und einem Castle, das wir uns unbedingt näher ansehen möchten.

Schottland’s Postkartenidylle erleben

Im traditionellen Schottenrock empfängt uns ein älterer freundlicher Herr am Eingang zum Dirleton Castle. Schnell kommen wir ins Gespräch und als er hört, dass wir auf dem John Muir Way unterwegs nach Dunbar sind, ist er nicht mehr zu halten. „Den bin ich im vergangenen Jahr von Edinburgh aus gewandert“, meint er begeistert, „Toller Weg oder?“, fügt er noch hinzu. Mindestens eine Stunde reden wir gemeinsam bei einer Tasse Tee über Dies und Das. Völkerverständigung kann so einfach sein denken wir uns einmal wieder. Um eine angenehme Erfahrung reicher, betreten wir nun die farbenfrohe Anlage, die wie ein Zaubergarten anmutet. Unweit grüsst bereits die Burg von einem Felsen herab, besser gesagt die Ruine mit einer spannenden Geschichte, die bis tief in das 13. Jh. hinein reicht. Ein zylinderförmiger Turm mit drei Stockwerken reckt sich empor. Über eine Holzbrücke gelangen wir in den Innenteil der Feste, sehen uns alles genau an, picknicken ausgiebig auf der einladenden Rasenfläche bevor wir zurück auf den Fernwanderweg stoßen. Hier zeigt die Wegweisung nun zurück an die Küste, an der wir im moderaten Auf- und Abwärtsgang auf North Berwick zuwandern. Dort erwartet und bereits der nächste Höhepunkt auf der Strecke: Die Ruinen des Tantallon Castle. Was dieses Bollwerk trotz seiner Zerstörung für eine Wirkung auf den Besucher hat ist einfach unglaublich. Allein die exponierte Lage auf einer Klippe ist spektakulär. Natürlich von drei Seiten durch das Meer geschützt verläuft auf dem verbleibenden Teil eine 15 Meter hohe und 4 Meter dicke Ringmauer mit Graben. Schmale steile Stufen führen bis ganz nach oben auf das Bollwerk und halten einen fantastischen Blick auf die Umgebung parat. In der Ferne erblicken wir den Bass Rock. Ein Vulkanfelsen von gewaltigem Ausmaß, der als Paradies für Vögel und Ornithologen gilt. Darauf wurde noch ein Leuchtturm platziert, der das Gesamtbild noch stimmig abrundet.

Dem Ziel- (Hafen) Dunbar entgegen

Im hügeligen Gelände gehen wir die letzte Etappe auf dem John Muir Way an. Hinter North Berwick drehen wir dafür wieder ins Landesinne ab. Zur linken erblicken wir einen Vulkankegel, den North Berwick Law –

einen 187 Meter hohen Aussichtspunkt. Wirklich, Landschaftsbilder zum Verlieben. Von hübschen Steinmauern begrenzte Weidelandschaften so weit das Auge reicht begleiten uns bis nach East Linton, wo bereits eine ganz andere Überraschung auf uns wartet. Die Preston Mill. Eine Wassermühle wie aus dem Märchenbuch und die letzte ihrer Art in Schottland. Ein Juwel mit spitz gezwirbeltem Turm, roten Wänden, alten Steintreppen und das alles im idyllischen Landschaftsbild. Das blieb auch nicht der Filmindustrie verborgen, die diesen Fleck als Drehort für die Outlander-Serie wählte. Beeindruckt nehmen wir die letzten Kilometer unter die Sohlen und gelangen erneut an die Küste. Hier schwenken wir nach rechts, folgen dem Weg, der immer wieder auf Meeresniveau absteigt. Bevor wir uns versehen stehen wir im Hafen von Dunbar. Erst einmal Rucksack ablegen und hinsetzen. Bunte Kutter schaukeln in dem kleinen Hafen hin und her, Seerobben betteln die Fischer um einen Snack an. Wir fühlen uns direkt pudelwohl. Das Ziel allerdings liegt noch ein paar Minuten entfernt in der High St. und entpuppt sich als Statue des jugendlichen John Muir. Gegenüber liegt das Geburtshaus & Museum des „Vaters der Nationalparks“, das wir uns selbstverständlich in aller Ruhe ansehen. Was für ein Vordenker, was für eine wunderbare Tour – dafür gibt es von uns sechs Daumen nach oben!

Infobox    

Charakter

Der Fernwanderweg John Muir Way geht über eine Gesamtstrecke von 215 Kilometer und teilt sich von Helensburgh nach Dunbar in zehn Etappen ein. Davon sind wir die letzten drei (ca. 70 km) von Edinburgh aus gewandert. Der Track ist vorbildlich, lückenlos und in beide Richtungen beschildert und zeigt dabei das Konterfei des Namensgebers. Die Wegbeschaffenheit wechselt von Wiesenwegen, Asphaltbahnen, Schotter- und Sandwegen ab. Wegen dem einfachen Terrain ist der Track auch mit Kindern problemlos zu bewältigen.

An/- Abreise

Auto: Wer mit dem eigenen Fahrzeug anreist ist flexibel und unabhängig. DFDS Autofähre Amsterdam/Ijmuiden – Newcastle. Fährverbindungen: Täglich, www.dfdsseaways.de, von Newcastle auf der A1 weiter nach Edinburgh, Dauer ca. 2,5 Stunden. Mit dem Zug im Stundentakt zurück zum Startpunkt ca. 20 Minuten, mit dem Bus ca. 1 Std. Flugzeug: Tägliche Verbindungen nach Edinburgh, z.B. von Frankfurt a. M. ca. 2 Std..

Etappen

Etappe 8: Edinburgh to Prestonpans – 16 km

Etappe 9: Prestonpans to North Berwick – 26 km

Etappe 10: North Berwick to Dunbar – 24 km

Bücher und Karten

Reiseführer Schottland, ISBN: 978-3-8317-2826-8, 23,90 Euro und Landkarte Schottland, ISBN: 978-3-8317-7245-2, 9,95 Euro vom Reise-Know-How Verlag, www.reise-know-how.de. John Muir Way, A Scottish coast-to-coast Route (Sprache Englisch), ISBN 9781898481607, Buchhandel oder Internet!

Ausrüstung

Die Wetterbedingungen in Schottland sind wechselhaft. Wind- und wasserabweisende Kleidung sind auf der Tour deshalb unerlässlich. In den Rucksack gehören neben einem Erste-Hilfe-Set auch Sonnencreme, Hut und eine Trinkflasche.

Infos

VisitScotland

Ocean Point One

94 Ocean Drive

Edinburgh EH6 6JH

Tel.: +44(0)131 472 2041

www.visitscotland.com

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