Artland-Rad-Tour – Genussradeln in Kulturlandschaften

Gemütliches Radwandern liegt im Trend. Dabei zeigt sich besonders das Artland im Nördlichen Osnabrücker Land wie geschaffen dafür in die Pedale zu treten. Zu sehen gibt es über die maßen viel. Grandiose Landschaftsbilder ebenso wie eine große Vielzahl von herrlich herausgeputzten denkmalgeschützten Hofanlagen die es zu erradeln gilt.

Schilfgesäumte Wasserläufe und saftige Wiesenlandschaften bilden im Osnabrücker Land eine offene Parklandschaft. Ein hübscher Landstrich mit malerisch begiebelten Höfen, hübschen Residenzstädtchen und kleinen Klöstern. Eine Genuss sich hier auf dem Rad zu bewegen und auf dem Rundkurs der Artland-Rad-Tour von einem kulturellen Highlight zum nächsten zu radeln. Manchmal führt die Strecke durch dichten Forst, dann über eine Uferböschung oder durch bunte Obstplantagen. Und weil das Streckenprofil so moderat ausfällt haben auch Familien mit Kindern diese Ecke in Deutschland für einen ungetrübten Radurlaub entdeckt.

Auf Entdeckertour im Artland

Das historische Quakenbrück bildet den Ausgangspunkt für unsere Radreise durch das Artland. Alleine mit dem Stadtnahmen assoziieren wir augenblicklich Tausende kleine „Quakkünstler“, die allabendlich ein Konzert zum Besten geben. Wer weiß, ob nicht die Frösche bei der Namensgebung Pate gestanden haben? Augenfällig ist jedenfalls, dass die Quakenbrücker überreich mit Humor gezeichnet sind. Indiz dafür ist der „Poggenpad“ – also Poggen sind Frösche – der zur besseren Orientierung für die Besucher als lustige Fußabdrücke zu den Sehenswürdigkeiten führt. Und davon hat die alte Hansestadt einiges zu bieten: Den alten Höfen der Burgmannen steht das schöne Fachwerk der Ackerbürgerhäuser gegenüber, das klassizistische Rathaus aber auch die St. Sylvesterkirche mit Gewölbemalereien. Hier braucht man wirklich keinerlei Anlaufzeit um sich wohl zu fühlen. Durch das mittelalterliche Stadttor „Hohe Pforte“ verlassen wir dann am Morgen die Kleinstadt – ohne auch nur ein einziges Gequake in der Nacht

vernommen zu haben. Gemütlich rollen wir dahin, Berge sind keine in Sicht. Von Hecken gesäumte Asphaltbahnen führen uns Richtung Menslage, nicht ohne der schicken von weither sichtbaren Windmühle von Mimmellage einen Besuch abzustatten. Hier verläuft auch parallel  

zur Artland-Rad-Tour die „Ackerschnacker Tour“. Mit verschiedenen Hörstationen versehen präsentiert sich der nur fünfzig Kilometer lange Rundkurs als lustiger Kurztrip in die Vergangenheit. „Dönkes“, wie die Einheimischen diese Geschichten von Sitten, Gebräuchen sowie Anekdoten aus dem Leben eines urigen Gesellen nennen. Beschwingt setzen wir wieder die Fahrt fort. Inmitten von Moor, Feldern und Wäldern liegt dann auch wenig später Menslage, ein stiller Ort mit hübschem Kirchwinkel. Den lassen wir ausgiebig auf uns wirken bevor wir Börstel ansteuern. Das recht einsam gelegene Stift aus dem 13. Jh. ist ein ehemaliges Zisterzienserinnenkloster an den nördlichen Ausläufern der Ankumer Höhe und gehört zum wunderbaren Natur- und Geopark TERRA.vita. Hier, inmitten von rauschenden Baumwipfeln, kann man schon schnell einmal die Zeit vergessen…

Ein kühles Blondes zwischendurch

Ohne den Fluss Hase, der das Osnabrücker Land durchquert, würde es die einzigartige Kulturlandschaft Artland nicht geben. Der Strom, der in Melle unweit von Osnabrück entspringt, überschwemmte nämlich früher regelmäßig das Land und machte den Boden dadurch besonders fruchtbar. Die üppigen Ernten bescherten den Bauern großen Wohlstand, den sie stolz in der Gestaltung ihrer Hofanlagen zum Ausdruck brachten. So bewundert man heute im gesamten Artland zahlreiche unter Denkmalschutz stehende imposante Fachwerkhöfe mit aufwendig geschnitzten Giebeln in parkähnlicher Landschaft. Die Artlandbrauerei in Nortrup ist ein wunderbares Beispiel dafür. Ein sogenannter Artländer Vierseithof von 1769. Vor dem Eingang wacht traditionell der Artländer Drache, der im ländlichen Raum eine Schutzfunktion zur Abwehr schädlicher Einflüsse hatte. Wo einst Ackergeräte standen, da stapeln sich heute allerdings die charakteristischen, roten Bierkisten in der Scheune. Gleich zwei verschiedene Gerstensäfte können im hiesigen einladenden Biergarten verkostet werden: Das Artländer Pilsener, ebenso das dunkle Artländer Nox – ein süffiger Traum. Und wer jetzt einfach nur weiterradelt ist selber schuld. Denn in der Gemeinde gibt es auch eine Wasserburg zu bestaunen. Wegen Privatbesitz leider nur von außen, was den Eindruck dieses aus dem 15. Jh. stammenden Juwels aber nicht schmälert.

Radfahren wie durch ein Geschichtsbuch

Beschauliche Felder und Wiesenlandschaften gehen jetzt Hand in Hand ineinander über. Die Wegweisung ist vorbildlich, gut sichtbar platziert lässt die nie einen Zweifel daran aufkommen wo es denn zum nächsten Höhepunkt auf der Reise hingeht. Kettenkamp liegt auf unserem Weg, das mit der Telgkamps Mühle weitere Akzente einer bemerkenswerten kultureller Vergangenheit setzt. Einen echten Zeitensprung erleben wir hingegen in der Nähe von Restrup. Denn die dort in einem kleinen Wäldchen liegenden Steingräber sind nicht nur 4000 Jahre alt, sondern auch die größten „Hünengräber“ im Landkreis Osnabrück. In der Jungsteinzeit errichtet sind sie bis heute außerordentlich gut erhalten und gewähren einen grandiosen Einblick in längst vergangene Zeiten. Gemütlich geht es weiter. Die Sonne scheint und ab und zu treffen wir auf Gleichgesinnte, die wie wir das Radfahren so lieben. Im nahen Bippen sehen wir uns den Draisinenbahnhof an, dann pedalieren wir weiter über Lonnerbecke mit seiner alten Ölmühle in das historische Fürstenau. Die fürstliche Feste Fürstenau gehört unbestritten zu den romantischsten Städtchen der Region. Keimzelle der Stadt war die um 1370 von dem Osnabrücker Bischof Gottfried von Arnsberg gegründete Wasserburg, die im 16. Jh. zum Schloss umgebaut wurde und als Residenz der Osnabrücker Landesherren fungierte. Von dem „Hohen Tor“ – einem Überbleibsel der alten Festungsanlage – gelangen wir auf den Marktplatz mit Brunnen. Dort wacht seit hunderten von Jahren die St. Georg Kirche, deren Innenausstattung man sich ansehen sollte. Über gepflasterte Wege holpern wir nun auf das Schloss zu mit seinen beeindruckenden Bastionen und Schlossteichanlagen. Hier lässt es sich herrlich entspannen. Einfach mal bequem hinlegen, die Beine strecken, dem lustigen Treiben der Enten auf dem Teich folgen und die bisherigen grandiosen Kilometer auf der Artland-Rad-Tour Revue passieren lassen.

Füllhorn aus Kunst & Kultur

Bunt gewürfelt liegen Klein- und Kleinstsiedlungen auf der Strecke über Kellinghausen nach Ankum. Dazwischen präsentieren sich immer wieder Gärten wie aus der Renaissance und des Barocks. Kunstvoll geschnittene Taxushecken in der Form von Säulen, Pyramiden und Spiralen galten schon damals als typisches Kennzeichen der Artländer Gartenkultur. Dann steuern wir Ankum an. Wuchtig, einer Kirchenburg gleich, erhebt sich das Gotteshaus des Reiterdorfes aus den umstehenden Häusern empor. Es ist die dem heiligen St. Nikolaus geweihte Kirche, im Volksmund auch als „Artländer Dom“ bezeichnet. Mag in vielen Dörfern der Kirchturm die Silhouette des Dorfes mitbestimmen, selten beherrscht eine Kirche mit ihrer Umgebung so stark das Gesamtbild wie dies in Ankum der Fall ist. In alter Tradition erbaut wie es scheint. Denn auch der Mittelalterliche Vorgängerbau mit seinen steinernen Speichern und Toren soll den Eindruck einer regelrechten Dorffestung gemacht haben. Sie ist um 800 als Gaukirche des Farngaues entstanden und somit Mutterkirche vieler Gemeinden im Osnabrücker Nordland. Alleine die Maße beeindrucken, denn stolze beinahe achtzig Meter misst der Turm gen Himmel. Eingebettet in die wunderbare Hügellandschaft des Naturparks Nördlicher Teutoburger Wald und Wiehengebirge ist Ankum ein allseits beliebter Erholungsort. Natürlich gibt es noch weitaus mehr zu entdecken: Wie das Heimathaus, den Ankumer See aber auch den prähistorischen Lehrpfad, der im Ortsteil Westerholte liegt. Dort führt ein Rundwanderweg zu beeindruckenden Stein- und Hügelgräbern, die Zeugnis von der frühen Besiedlung geben.

Zeitenreise

Bersenbrück ist schön: Hübscher Ortskern, eine Vielzahl an repräsentativen Bauten, einladender Marktplatz. Wer allerdings die Kleinstadt nur als Zwischenstopp sieht, der bringt sich um eine schöne Entdeckung. Dort befindet sich nämlich auch das ehemalige Zisterzienserinnen-Kloster aus dem Jahr 1700 mit wunderbarer Klosterpforte – dem Wahrzeichen der Stadt. Das Klostergebäude ist seit 1231 Mittelpunkt des Bersenbrücker Landes. Über 550 Jahre diente es den adligen Chorfrauen in Armut und Gehorsam zu leben. Das integrierte Kreismuseum von 1924, das einst im Äbtissinnenflügel einen würdigen Platz fand, wurde 2018 umfangreich saniert und zeigt sich heute im neuen Glanze. In den historischen Räumlichkeiten bewundern wir lange die Dauerausstellung, die die bewegte Geschichte der Region vom 13. Jh. an spannend dokumentiert. Erst dann radeln wir weiter über gute Asphaltbahnen der Gemeinde Gehrde entgegen. Das ist schon tausend Jahre alt und gilt als eine weitere Perle im Artland. Besonders sehenswert ist der intakte Dorfkern, aber auch die Bauernhöfe, Fach- und Steinwerksspeicher. Die alte Pumpe im Dorfmittelpunkt und die St. Christophorus Kirche mit barocker Haube verdienen ebenso Aufmerksamkeit, besonders das Kruzifix aus dem 13. Jh., was sich zu den bedeutendsten Kunstschätzen des Osnabrücker Landes zählen darf.

Zurück auf Los

Die Artland-Rad-Tour neigt sich leider unaufhaltsam dem Ende zu. Nur noch wenige Kilometer trennen uns vom Startpunkt in Quakenbrück. Umso mehr genießen wir die letzten Höhepunkte entlang der Strecke – und sollen dabei erneut kulturelle Belohnung vom allerfeinsten erfahren.

Denn in Badbergen, da schlägt das Herz des Artlandes wie uns ein Einheimischer stolz erzählt. Dort sollen die allerschönsten Hofanlagen zu entdecken sein. Ein regelrechter Wettstreit unter den wohlhabenden Bauern im 18. Jh. entbrannte. Wer besitzt die schönste Hofanlage, welcher Giebel wurde reicher verziert? Dabei wurde mit viel List und Tücke gearbeitet, um so den Konkurrenten zu deplatzieren. Als herausragendes Beispiel artländischer Handwerkskunst gilt der Hof Sickmann, Hofgut Berner aus dem Jahre 1750 und natürlich und nicht zuletzt Hof Elting-Bußmeyer, der mit einem herrlichen Biergarten und Hofladen zu punkten weiß. Allesamt Meisterwerke, die uns zum Schwärmen bringen. Eine tiefe Zufriedenheit macht sich auf den letzten Pedalumdrehungen nach Quakenbrück breit. Glücklich über die grandiosen Tage in tollen Landschaftsbildern der Artland-Rad-Tour die wir nur wärmstens weiterempfehlen können.

Infos

Länge: ca. 145 km

Start: Quakenbrück

Ziel: Quakenbrück (Rundkurs)

Bewertung:

Schwierigkeit- 2 Punkte

Abwechslung- 4 Punkte

Kultur/ Sehenswürdigkeiten- 5 Punkte

Kindertauglichkeit- 4 Punkt

Tourdauer: 2-3 Tage

Höchster Punkt: 110 m

Tiefster Punkt: 19 m

Anreise

Auto: Als Rundkurs angelegt bietet sich die Anreise mit dem eigenen Fahrzeug an. Autobahn A1, Abfahrt Quakenbrück/Dinklage von dort sind es noch10 km bis nach Quakenbrück. (Hotelgäste können hier für die Zeit der Radreise kostenfrei das Auto parken). Bahn: Bahnreisende erreichen Quakenbrück über die Strecke „Osnabrück – Oldenburg – Wilhelmshaven“. Weitere Infos und Kostenübersicht unter: Tel.: (01805) 996633 (Euro 0,14/Min aus dem Festnetz) oder unter www.bahn.de/bahnundbike.

Sehenswertes

Quakenbrück: Hohe Pforte, Rathaus, St. Sylvesterkirche, Stadtmuseum; Groß Mimmelage: Windmühle; Menslage: Kirchwinkel, Alpakahof; Börstel: Damenstift; Nortrup: Wasserburg Loxten,Artlandbrauerei; Kettenkamp: Telgkamps Mühle, Artlandhöfe; Restrup: Hünengrab; Bippen: Draisinenbahnhof, St. Georg Kirche, Großsteingräber; Lonnerbecke: Sültemühle; Fürstenau: Schloss mit Parkanlage, Hohes Tor, Alten Rathaus, Marktplatz, St. Georg Kirche; Ankum: St. Nikolauskirche (Artländer Dom), Stein- und Hügelgräber, Heimathaus mit Backhaus; Bersenbrück: Museum im Kloster (Neueröffnung), Klosterpforte, St. Vincentius Kirche; Gehrde: St. Christophorus Kirche,Artländer Bauernhofanlage; Badbergen: Hof Sickmann, Hof Berner, Hof Elting-Bußmeyer mit Hofladen.

Streckencharakter/ Beschilderung

Die Artland-Rad-Tour ist lückenlos beschildert, vorbildlich ausgebaut und verläuft überwiegend auf asphaltierten Radwegen. Wegen den beinahe völlig steigungsfreien Etappen ist die Route auch für Familien mit selbst fahrenden Kindern sehr zu empfehlen.

Karten

Die Radwanderkarte  „Radel-Erlebnis-Artland“ kann gegen einen Betrag von 1,00 Euro in der Touristinformation in Quakenbrück erworben werden. Auf Wunsch wird die Karte auch zugesandt.

Weitere Infos

Tourismusverband Osnabrücker Land e.V. Osnabrück, Herrenteichsstr. 17+18, Tel. 0541/ 323-2202, www.osnabruecker-land.de

Samtgemeinde Bersenbrück, Markplatz, Tel. 05439/ 6039898, www.erlebnisregion-artland.de Tourismus-Information Artland, Quakenbrück, Markt 4, Tel. 05431/ 907590, www.artland.de

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