Die Beliebtheit von Schweden als Reiseidee nimmt seit Jahren ständig zu. Ganz besonders unter Deutschlands Naturfreunden liegen Touren in das skandinavische Land seit langer Zeit im Trend. Angesichts der wunderbaren Landschaften, tiefen Wälder, Seen und Küsten aber auch wegen den herrlichen Gebirgszügen können sich Wanderer über ein Füllhorn an Aktivitäten freuen.
Schweden ist etwas anders. Man geht in das Café um Bier zu trinken, in eine Bar für eine Tasse Tee. Öl ist Bier, und Ölcafés sind dann auch eben Bierstuben. Tack bedeutet danke. Und Tack hört man überall und kann es gar nicht oft genug sagen. Hier begrüßt man sich immer per Handschlag und das „Sie“ gilt als weitgehend gesellschaftlich verpönt. Der Schwede ist sehr aufgeschlossen, zuvorkommend und gastfreundlich – Diplomatie, das ist seine große Stärke. Von den Ellebogen machen sie naturgemäß nur selten Gebrauch. Man steht geduldig und abwartend in der Schlange. Das Skandinavische Land hält Grenzen zu Norwegen und Finnland und wird dabei von Nord und Ostsee begrenzt. Mit einer Gesamtfläche größer als Deutschland hat Schweden nur rund zehn Millionen Einwohner. Eine große Spielwiese also für all diejenigen, die viel Platz für grandiose Trekkingerlebnisse suchen. Hier durchquert der Bergslagsleden – der über eine Gesamtlänge von 280 Kilometer verläuft die historische Provinz Närke von Süd nach Nord. Bereits vor über 500 Jahren wurde im Bergbaugebiet Bergslagen Erze gefördert die der Region einen gewissen Wohlstand bescherten. Bis in die Mitte des 20. Jh. waren viele Hüttenwerke, Zechen und Gruben in Betrieb. Heute wandern wir durch dieses Landschaftsbild was neben urwüchsiger Natur auch so manches Anekdötchen der Industriegeschichte beireihält.
Zum Einlaufen
Örebro liegt am Fluss Svartan der sich malerisch durch die Stadt schlängelt. Dort wo er einen kleinen Bogen zieht liegt weithin sichtbar Schloss Örebro das zu Stein gewordene Wahrzeichen der Stadt. Malerisch fußt es auf einer kleinen Insel dessen Historie sich bis ins 13. Jh. zurückverfolgen lässt. Eine mächtige ja fast Trutzige Befestigungsanlage die im laufe der Jahrhunderte als Herrschaftssitz, Gefängnis, Getreidespeicher und Arsenal diente. Hier organisieren wir uns für unsere Trekking-Tour, besorgen die Kartenblätter in der Touristinformation und besteigen den Bus zum Ausgangspunkt in Leken. Angekommen flüchten wir erst einmal von der lärmenden Schnellstrasse E 18. Am See erkennen wir sofort die orangefarbene Markierung und den Kreis mit dem wandernden Männchen und dem Pfeil nach oben die uns die nächsten Tage begleiten wird. „Da kann ja gar nichts mehr schief gehen“ sagt Manuela, schnürt noch einmal die Bergschuhe neu und stapft munter voran. Bereits wenige Minuten später, wir überqueren den Fluss Lekhyttean sind wir vollständig von Natur umgeben. Biber haben hier ganz Arbeit geleistet und unzählige Bäume gefällt. Es geht bergan zur Felsenburg Klunkhytteskans die mit einer herrlichen Weitsicht ins Umland belohnt. „Das sieht ja aus wie in einem Feenwald“ ruft Laura die gerade locker über einen querliegenden Baum hüft. Schmale verschlungenen Wege, Moore, Flechten und dicke Moospolster knorrige Kiefern und Wollgras dazu der sanfte Wind in den Bäumen – wir sind geneigt die Romantik neu zu entdecken.
So viel Ruhe – So viele Seen
Im Nationalpark Garphyttans steigen wir erneut berauf bis zum Svensbodaberg dessen Rücken uns prächtige Panoramen eröffnet. Wir sind an einem Ort der bekannt ist für seine Fauna und Flora. Im Frühsommer gedeihen hier auf den ausgedehnten Wiesen die Schlüsselblume, Heidenelke und nicht zuletzt der Feldenzian. Aber jetzt Ende August ist von dieser Pracht nicht mehr viel zu sehen. Dafür haben wir bis jetzt noch niemanden auf der Route angetroffen. Ein Stück Zivilisation erwandern wir uns etwas später mit Suttarboda. Eine Ansammlung von Häusern, Grillstelle, Unterstand und Toilette. Da es aber relativ früh ist beschließen wir uns zum Weitergehen und finden zwei Stunden später auf einer gemähten Wiese unseren Platzt für das Camp. Die Nacht war geruhsam und der kleine Regenguss der eben noch an die Zeltwand klopfte weicht jetzt der Sonne. Frühstücken, alles im und am Rucksack verstauen und auf zu einem neuen Trekkingtag auf dem Bergslagsleden. Links liegt der See Björktärn und gerade aus der alte Staudamm der gemeinsam mit den Wassern des Falkasjön in der Eisenhütte Garphyttan genutzt wird. Und das bereits seit dem 16. Jh. wo neben Eisen auch Silber geschmiedet wurde. Wir steigen hinauf auf die Klippen, genießen die Aussicht und sind tief beeindruckt mit wie viel Liebe zum Detaile dieser Wanderweg in der Vergangenheit konzipiert wurde. Lückenlose Beschilderung, Unterstände, Rastplätze mit Sitzbänken ja sogar geschnittenes Feuerholz gibt es. Nur wer es noch kompfortabler sucht der geht zum Freizeitzentrum Konferenz & Lodge Kilsbergen mit Restaurant und allem was das Herz begehrt.
Wellnessprogramm zum Nulltarif
Der alte Steindamm am See Göljan erzählt die Geschichte aus dem Jahre 1950 als der steinerne Damm brach und das darunter liegende Tal verwüstete. Der dichte Wald weicht nun größeren Freiflächen und gibt den Blick frei auf eine Art Skulpturenpark mit vielen geschnitzten Figuren die uns bis auf den Bergrücken begleiten werden. Dort oben auf auf der sauber gemähten Kuppe des Kilsbergen steht die große rote Hütte Kilsbergsstugan die allerdings nur im Winter geöffnet ist. Die Sonne scheint, der Fernblick ist wunderbar, keine Menschenseele in Sicht – hier rasten wir sehr lange und genießen die Ruhe. Wir steigen von dem Hügel ab und laufen direkt in den Wald hinein. Blankhult erreichen wir eine Stunde später. Eine kleine Schutzhütte mit Feuerstelle springt uns ins Auge. Hier bleiben wir und müssen noch nicht einmal unser Zelt auspacken. Ich entfache ein Feuer, Laura und Manuela holen indes Wasser an der alten Schule die darunter liegt. Beim Abendessen, es gibt Steinpilztopf von Travellunch diskutieren wir lange fasziniert über dieses Schweden. Unglaublich, dass dieses hochentwickelte Industrieland zugleich immer noch ein Land geblieben ist dessen Wildnis Refugien für all diejenigen bereithält die sich vom Stress der Hyperzivilisation erholen möchten. Wir schultern wieder die Rucksäcke und wandern zum Abstieg ins Norra Trolldalen. Unten angekommen zirkeln wir über schmale Brücken überqueren immer wieder klare Flüsschen bis wir die alte Bergmannssiedling Lockhyttan erreichen die uns den Weg nach Mogetorp weist. Wir entdecken die alten Fuhrwege wo einst das Erz aus den umliegenden Gruben in die Hütten transportiert wurde. In Gamla Pershyttan finden wir dann auch einen Bergbauort der zu einem der best erhaltensten seiner Art gilt. Die Geschichte geht hier bis in das 14. Jh. zurück und zu sehen gibt es so viel dass man sich hier leicht den ganzen Tag aufhalten könnte. Die Minen, der alte Schmelzofen, Mühle und Schlackehaufen, alte Loren, die roten Häuschen der Arbeiter. Es macht unheimlichen Spaß sich durch die Historie treiben zu lassen.
Dem Glück auf der Spur
Zuverlässig folgen wir den orangefarbenen Markierungen zum Fuße des Digerberget. Dunkle Moorlandschaften zeichnen diese Region aus die wir bis nach Ulvberget folgen. Ein steiniger Abstieg folgt und plötzlich passiert etwas mit dem wir gar nicht mehr gerechnet hätten. Ein anderer Wanderer stapft aus dem Gebüsch und entpuppt sich als Wilfried von Bielefeld. Wir müssen alle lachen, denn genauso wie uns ist auch Ihm auf dem Track noch niemand begegnet. Wir quatschen eine Weile und da er die entgegengesetzte Richtung wandert trennen wir uns auch schon bald wieder. Den Großteil unserer 95 Kilometer haben wir geschafft. Der Hyttfallet markiert den Anfang vom Naturschutzgebiet Järlean. Auf dem schönen Rastplatz laden wir noch einmal die Batterien für den Endspurt auf, laufen dann über das Wehr, schießen ein paar Fotos und tauchen erneut in dichten Wald ein. Erneut erklimmen wir einen kleinen Gipfel gehen auf wunderbare Seen zu wo Libellen in halsbrecherischem Tempo an der Wasseroberfläche schwirren. Wirklich eine Landschaft zum verlieben. Über so manchen Kamelbuckel nähern wir uns immer weiter dem Ziel in Uskavi. Ein allerletzter Abstieg dann erblicken wir auch schon den funkelnden See Usken. Über den großen Menschleeren Parkplatz gehen wir auf den Hof Uskavigarden zu. Das hübsche gelb-weißgetünschte Bergwerksgebäude liegt in der Sonne und beherbergt heute das Restaurant und die Rezeption für den Campingplatz. Wir mieten uns eine Hütte am See und freuen uns schon auf eine heiße Dusche. Die Zivilisation hat uns wieder eingeholt. Aber was spricht dagegen schon bald wieder nach Schweden aufzubrechen um eine weiteres Teilstück auf dem famosen Bergslagsleden zu wandern?
Infobox
Charakter
Der Bergslagsleden durchquert die Provinz Närke bei Örebro auf einer Strecke von gesamt 280 km. Davon haben wir ca. 95 km von Süd nach Nord bewandert. Ausgangspunkt ist Leken und das Ziel erreicht man in Uskavi. Die Wegweisung ist ausgezeichnet, entweder weist das Bergslagsledensymbol den Weg oder orangefarbene Ringe an Bäumen und Pfählen. Die Wanderung ist leicht und somit auch mit der ganzen Familie zu bewältigen. 5-7 Tage sollte man einplanen, wobei unterwegs immer wieder Busstationen die Möglichkeit bieten eine Etappe zu überbrücken. Unterwegs bieten viele Annehmlichkeiten wie Unterstände, feste Grillstationen und Schuppen mit Feuerholz ungeahnten Komfort.
Bücher und Karten
Reisehandbuch Südschweden, ISBN: 978-3-8317-2337-9, 22,50 Euro, Karte Schweden Süd, ISBN: 978-3-8317-7381-7, 9,95 Euro www.reise-know-how.de; Reisebuchbuch Südschweden, ISBN: 13 978-3-934014-24-4, 19,90 Euro, www.thomas-kettler-verlag.de . Kostenlose Kartenblätter der einzelnen Etappen (5-11) erhält man im Tourismusbüro in Örebro und in den Outdoorshops.
Ausrüstung
Zu der richtigen Ausrüstung gehören: Atmungsaktive und Wasserundurchlässige Bergschuhe, Goretex Jacke, Rucksack, Zelt, Schlafsack und Kochequipment, Trinkflasche, Erste Hilfe Paket, Regenkleidung, Lotion gegen Stechmücken. Es empfiehlt sich den Grossteil an Proviant mitzuführen, da Einkaufsmöglichkeiten spärlich gesäht sind.
Beste Reisezeit
Die geeignete Reisezeit liegt in den Monaten zwischen Mai-Oktober.
Anreise
Auto: Die Stena Line Fähre pendelt mehrmals wöchentlich zwischen Kiel und Göteborg www.StenaLine.de
Von Göteborg bis nach Örebro dauert die Fahrt ca. 4 Std. Hier lässt man am besten sein Auto stehen und nimmt den Bus Nr. 500, der täglich zum Ausgangspunkt in Leken fährt.
Flugzeug: Tägliche Flüge z.B. von Frankfurt mit Scandinavian Airlines nach Örebro mit einem Zwischenstopp in Kopenhagen ca. 5 Std. Infostelle
www.bergslagsleden.se
www.visitorebro.se
www.theheartofsweden.com
www.visitsweden.com