Der Hünenweg – Großsteingräber, Erdgeschichte und Kulturlandschaften entdecken

Tonnenschwere Findlinge und mystische Hünengräber waren namensgebend für einen Weitwanderweg, der das hügelige Osnabrücker Land mit den Weiten des Emslandes verbindet.

Dazwischen versprechen beste Gegebenheiten nicht alleine Naturvielfalt und Ruhe im Übermaß, sondern auch ein angenehmes Unterwegssein zu historischen Orten, Mooren und urtümlichen Flussauen.

Es ist schon lange kein Geheimnis mehr. Das Osnabrücker Land und Emsland haben viel zu bieten: Wunderbare Radwege, geballtes Kulturgut, grandiose Landschaftsbilder, eine exquisite Küche und ein Netz aus Wanderwegen, die ihresgleichen sucht. Der Hünenweg steht exemplarisch für ein solches Zusammenspiel von sportlicher Aktivität und kulturellen Leckerbissen, die bis in die Jungsteinzeit zurück reichen. Mit allen Sinnen unterwegs sein in der Region des UNESCO Global Geoparks TERRA.vita mit dem sagenumwobenen Wiehengebirge, dem idyllischen Nettetal und den sanfthügeligen Ankumer Höhen bis in die Niederungen des Emslandes. Das bedeutet rund 150 Kilometer Wanderspaß für die ganze Familie. Und da freuen wir uns drauf.

Großartiger Wanderauftakt

Osnabrück, mit welcher Erwartung man sich der Stadt auch nähert, der Reisende wird fasziniert sein von den großzügig gestalteten Einkaufsstraßen mit vielen schönen Geschäften und einer lebhaften Gastronomie. Doch das Einheitliche des Stils heutiger Tage wird immer wieder unterbrochen durch die Fassaden schöner alter Bürgerhäuser mit reichlich verzierten Schnitzereien. Als historisches Schwergewicht hingegen punktet das Rathaus mit seinem imposanten Giebel. Unvergessen bleibt der Tag, an dem von der Treppe der Westfälische Friede verkündet wurde. Das war im Jahre 1648. Damit wurde das Ende jenes Konfessionskrieges besiegelt, der Europa verwüstet hatte. Bis heute erinnert der Friedenssaal im Rathaus an das Ereignis. Gegenüber und nicht zu übersehen ragt der wuchtige Dom in den blauen Himmel, dessen Kreuzgang eine Oase der Stille mitten in der Stadt vermittelt. Und nebenan liegt das Diözesanmuseum mit den Schätzen des 12. Jh., deren Herzstück die Reliquien der Märtyrer Crispin und Crispinian im vergoldeten Schrein ebenso das Kapitelkreuz aus dem 11. Jh. beschreibt. An der Touristinformation, also hinter dem Rathaus, schwingen wir uns dann den Rucksack auf die Schulter – obwohl wir noch lange nicht alles Sehenswerte erkundet haben – und gehen in Richtung Dom. Die sehr schmale Gasse führt an das Flüsschen Hase danach geht’s scharf nach links weiter. Zügig, nicht zuletzt dank der hervorragenden Wegweisung gelangen wir vor die Tore der Stadt. Da wartet dann das sanfte Hügelland und die damit verbundenen ersten leichten Steigungen. Wir streifen lichte Wälder und gelangen zu einem Idyll besonderer Güte. Die Nackte Mühle. Deren Geschichte reicht beinahe 800 Jahre zurück und zeigt sich mit allem was man mit einer Mühle verbindet: Mächtiges Mühlrad, Holzlagerplatz, Haupthaus aus Bruchsteinen aber auch die Möglichkeit am Mühlbach die Seele baumeln zu lassen. Dicke Buchen weisen jetzt den Weg zu den Östringer Steinen, dem ersten Hünengrab auf der Wanderung. Von hier ist es auch nicht mehr weit zu der Wassermühle im Nettetal, ein beliebter Ausflugsort der Region. Wie vor hunderten von Jahren verrichtet hier die historische Wassermühle ihren Dienst und darf sich zu den ältesten ihrer Art in der Region Osnabrück zählen.

Zeitenreise durch die Epochen

Ein gemütlicher Flecken Erde denken wir uns und nehmen die Steigung zur Wittekindsburg sportlich. Die entpuppt sich als eine frühgeschichtliche Befestigungsanlage und besteht aus mehreren heute noch zu erkennenden Systemen aus Wällen und Gräben. Hier soll der Sachsenherzogs Wittekind 783 nach einer verlorenen Schlacht vor den fränkischen Feinden Schutz gesucht haben. Da wundert es kaum, dass sich die Anlage zu den ältesten Kulturdenkmälern in Niedersachsen zählen darf. Wir stapfen weiter nach Rulle, das mit einer schönen Wallfahrtskirche zu punkten weiß, bevor wir auf stillen und einsamen Wegen die westlichen Ausläufer des Wiehengebirges erreichen sollen. Hier auf dem Weg ins benachbarte Bramsche überschreiten wir auf der Schleptruper Egge auch die höchste Erhebung der gesamten Wanderung auf dem Hünenweg. Bramsche ist nicht mehr weit. Das schmückt sich mit einem hübschen Stadtkern. Hier lohnt unbedingt der Besuch des traditionell verbundenen Tuchmachermuseums, das auf einen beachtlichen industriellen Werdegang zurückblickt. Schon im 16. Jh. wurde der Grundstein des Textilgewerbes in Bramsche gelegt. Das ging bis 1972 als die Tuchfabrik am Mühlenort ihre Produktion einstellte. Etwas mehr als zwei Jahrzehnte darauf öffnet sich wieder die Pforte und damit ein Areal von rund 2000 Quadratmetern, die lebendige Industriegeschichte vermitteln und den Eindruck suggerieren, als hätte die Tuchproduktion niemals geendet. Heideflächen, die unter Naturschutz stehen, liegen nun am Wegesrand, ebenso ein großer Steinbruch bei Ueffeln, der tiefe Einblicke in rund 150 Mio. Jahre alte Gesteinsschichten gibt. Schön auch die lehrreichen Infotafeln dazu, die verraten, dass sich die Landschaft in der Jurazeit bildete als diese Gegend vollständig überflutet noch eine Küstenregion war.

Von Riesen oder Menschen erbaut?

Ein Hüne, so heißt es im Volksmund, ist ein übermenschlich großes und starkes Wesen, ein Riese eben, der gewaltige Leistungen vollbringen kann. Diesen Eindruck gewinnen wir auch beim Anblick dieser architektonischen Meisterleistungen in Form von kolossalen aufeinander gewuchteten Granitfindlingen. Wie das Steingrab Wiemelsberg aber auch der Steingräberweg bei Grumfeld einducksvoll beweisen. Diese Großstein- oder auch Hünengräber mit ihren gewaltigen Dimensionen verliehen diesem Wanderweg seinen Namen und prägen in großer Anzahl die Route. Beeindruckt halten wir jetzt auf Ankum zu.

Wuchtig, einer Kirchenburg gleich, erhebt sich von weithin sichtbar das Gotteshaus aus den umstehenden Häusern empor. Es ist die dem heiligen St. Nikolaus geweihte Kirche, im Volksmund auch als „Artländer Dom“ bezeichnet. Mag in vielen Dörfern der Kirchturm die Silhouette des Dorfes mitbestimmen, selten beherrscht eine Kirche mit ihrer Umgebung so stark das Gesamtbild wie dies in Ankum der Fall ist. Alleine die Maße beeindrucken, denn stolze beinahe achtzig Meter misst der Turm. Eingebettet in die wunderbare Hügellandschaft des Naturparks Nördlicher Teutoburger Wald und Wiehengebirge ist Ankum ein allseits beliebter Erholungsort. Beliebt und das über die Region hinaus ist auch das grandiose Softeis vom Café Sich neben dem Dom – einfach mal probieren.

Übernatürliches & Unterirdisches

Felder und Wälder wechseln sich ab, wir genießen die unendliche Ruhe treffen immer wieder auf große Findlinge wie im Ort Klein Bokern, die in frühgeschichtlicher Zeit vermutlich als Opfersteine benutzt wurden. Dazu passend ein Hexentanzplatz, mitten in dichtem Wald gelegen. Eine Sage behauptet, dass dort ein einsamer Wanderer zu bereits fortgeschrittener Stunde heimlich einen schaurigen Hexensabbat miterlebt habe. „Dem Spektakel wären wir auch nicht abgeneigt“, feixt Manuela herüber. Wir folgen der ausgezeichneten Beschilderung und erreichen bald Restrup. Abermals erleben wir einen Zeitensprung, denn die dort in einem kleinen Wäldchen liegenden Steingräber sind nicht nur 4000 Jahre alt, sondern auch die größten „Hünengräber“ im Landkreis Osnabrück. In der Jungsteinzeit errichtet sind sie bis heute außerordentlich gut erhalten und gewähren einen grandiosen Einblick in längst vergangene Zeiten. Tiefe Einblicke in klösterliche Abgeschiedenheit das verspricht hingegen das Damenstift Börstel, ein ehemaliges Zisterzienserinnenkloster deren Gründung ins 13. Jh. zurückreicht. Einmalig auf dieser Wanderung. Einmalig die alten Gemäuer, besonders der Kreuzgang, der jedes Fotografenherz höher schlagen lässt. Einmalig aber auch der Frontalangriff der Äbtissin. Fotogenehmigung? Natürlich nicht war meine Antwort bei 150 Kilometer Wanderstrecke und 1000 Sehenswürdigkeiten würde ein solches Procedere den zeitlichen Rahmen sprengen. Spontan und freundlich war in den vielen vergangen Jahren meine Devise – bis dato ausnahmslos passend. Werbung bräuchte sie keine, fügt sie hinzu wobei das übergroße Kreuz um ihren Hals hängend erregt hin und her wippt. Sachlichkeit, Verständnis, Nächstenliebe – Fehlanzeige. Wir löschen die Fotos und ziehen einfach weiter.

Spannend bleibt’s auch bis zum letzten Schritt

„Oh, schaurig ist’s, übers Moor zu gehen …“ beginnt Annette von Droste-Hülshoff ihre Ballade vom Knaben im Moor. So schaurig zeigt sich das Naturschutzgebiet Hahnenmoor heute allerdings nicht mehr. In früheren Jahrhunderten wurde in diesem Hochmoor Torf abgebaut. Viel Wissenswertes aus dieser Zeit findet sich im Torfwerk Hahnenmoor – es lohnt sich. Nach erfolgreichen Wiedervernässung bietet dieses einzigartige Gelände heute wieder selten gewordenen Pflanzenarten und einer besonderen Tierwelt Schutz. Dazu gehören die Kreuzotter und Moorfrösche ebenso wie auch Pflanzen mit dem Namen Schnabelried, Blumenbinse und Sonnentau. Nächste Station ist die Kornbrennerstadt Haselünne, die wir über Herzlake durch die schönen Landschaftsbilder des Wachholderhains erreichen sollen. Ein Städtchen in dem man sich sofort wohlfühlt. Sehenswertes gibt es hier zuhauf: Alte Burgmannshöfe, die noch ins 14. Jh. zurückreichen, die schmucke St. Vincentius-Kirche und nicht zuletzt das wofür Haselünne Berühmtheit erlangte. Denn im Ort gibt es gleich mehrer Brennereien. Die Produkte vom Berentzen Hof mit Museum und die von der Edelkorn-Brennerei Rosche finden Genießer der edlen Tropfen weit über die Landesgrenzen hinaus. Auch gastronomisch liegen die Haselünner ganz im heutigen Zeitgeist wovon wir uns ausgiebig im Restaurant „Jagdhaus Wiedehage“ überzeugen dürfen. Die Tage verfliegen und unser Ziel in Meppen ist derweil in greifbare Nähe gerückt. Felder und Wiesenlandschaften gehen hier Hand in Hand über, dazwischen schattenspendende Wäldchen meist der Hase folgend. Oft lädt ein kleiner abgeschiedener Sandstrand zum verweilen ein. Es ist einfach herrlich hier unterwegs zu sein. Angekommen in Meppen streifen wir glücklich unseren Rucksack ab. Eine toller Ort am Zusammenfluss von Hase und Ems gelegen. Die Kleinstadt besticht mit einer wunderbaren Fußgängerzone, aus dessen Mitte sich das herrliche freistehende Renaissance-Rathaus erhebt. Daneben fällt die Gymnasialkirche auf aber auch die prächtige Höltingmühle, die mit einem einladenden Biergarten unter dicken Kastanienbäumen das Gesamtbild untermalt. Ehrlich eine grandiose Tour, die wir gerne weiterempfehlen möchten…

Infobox

Charakter

Der Hünenweg hat eine Gesamtlänge von rund 150 km. Dabei startet die Tour in Osnabrück und führt über bestens und in beide Richtungen ausgeschilderte Wege bis nach Meppen. Der Weitwanderweg stellt wegen seiner moderaten Topografie keine besonderen konditionellen Ansprüche.

Anreise

Auto: Osnabrück ist verkehrsgünstig vom Ruhrgebiet aus über die Bundesautobahn A1 zu erreichen. Aus den Niederlanden und aus Richtung Hannover führt der schnelle Weg über die Bundesautobahn A 30. Aus Richtung Bielefeld erreichen sie die Stadt über die Bundesautobahn A 33.

Bahn: Osnabrück ist hervorragend und mehrmals täglich aus allen Richtungen mit der Bahn erreichbar. Das selbige gilt für die Abreise von Meppen. Weitere Infos und Kostenübersicht unter: Tel.: (01805) 996633 (Euro 0,14/Min aus dem Festnetz) oder unter www.bahn.de

Literatur

Die Wanderkarte für den Hünenweg 1:25.000 kann bei der Hasetal Touristik GmbH (siehe Info) ebenso bei der Osnabrücker Land Touristik kostenfrei bestellt und auf Wunsch zugeschickt werden. Diese liegen natürlich auch vorrätig in der jeweiligen Touristinformation aus.

Ausrüstung

Festes Schuhwerk, Tagesrucksack mit Proviant und Trinkflasche, Sonnenschutz, Mütze, kleines Erste-Hilfe-Päckchen.

Infos

Tourismusverband Osnabrücker Land e.V., Tel.: 0541 323-4567, www.osnabruecker land.de, Hasetal Touristik GmbH, Tel.: 05432-599599, www.hasetal.de; Natur- und Geopark Terra.vita, Tel.: 0541 501-4217, www.naturpark-terravita.de; www.huenenweg.de; Auf Wunsch kann ein Gepäcktransport organisiert werden.

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