Text/Fotos: Klaus Herzmann
Schweden ist das Land der großen Weiten und endlosen Wälder. Gewässer locken hier mit Zander und Hecht, grandiosen Schärengärten und einsamen Inselgruppen wie dem des Sommen. Der gilt als einer der am besten Bewahrtesten Geheimnisse des Landes. Ein Naturerlebnis auf dem Paddelträume Wirklichkeit werden.
Eines der allerersten Bücher die ich in meinem Leben verschlungen habe war die abenteuerliche Reise des Nils Holgersson. Jener mutige kleine Bauernjunge der auf einer Wildgans über das Land schwebte. Danach folgten Klassiker von Astrid Lindgren wie die Kinder von Bullerbü, Pipi Langstrumpf und nicht zuletzt Michel aus Lönneberga. In meinen Gedanken malte ich mir immer wieder aus, wie schön doch dieses Land sein musste. Tatsächlich traf ich viele Jahre später auf eine Welt voller grandiosen Landschaftsbildern und liebenswerter Menschen die meinen damaligen Kindheitsgedanken doch sehr nahe kamen. Ein Beispiel dafür: Der Sommen in Südschweden der sich mit einer Gesamtoberfläche von 132 km² zu den größten und klarsten Seen des Landes zählen darf. Das Idyll liegt auf der Grenze zwischen Östergötland und Smaland. Einer nur dünn besiedelten wilden Waldlandschaft die wie geschaffen ist sie mit der Familie im Kanu zu erkunden.
Wohlsein auf Schwedisch
An einem sonnigen Tag im August erreichen wir Malexander am Sommen. Gerade holpert das letzte Wohnmobil vom Campingplatz denn Morgen schon beginnt für die Kinder in Schweden die Schule. Carina, die freundliche Betreiberin gibt uns den Schlüssel für einen der festen Caravans mit Seeblick. Wir richten uns ein und nehmen wenig später auf der Terrasse des hübschen Restaurants HönsaLotta Platz. Völlig ausgehungert! Laura und Manuela verspeisen einen dampfenden Flamkuchen mit Salami und viel Fetakäse. Der Empfehlung des Hauses folgend nehme ich mir die geräucherte Forelle – aus dem Sommen versteht sich. Und als Nachtisch vernaschen wir noch einen selbstgebackenen „Ostkaka“, eine Art Käsekuchen mit Mandel. War das gut, die Batterien sind wieder vollständig aufgeladen. Carina nimmt neben uns Platz und gibt uns noch einige Tipps für die nächsten Tage auf dem See, dazu eine Angelberechtigungskarte. Überhaupt präsentiert sich das kleine beschauliche Malexander als richtiges Juwel. Da wäre die weiß getünchte Kirche mitten im Ort, überall bunte Häuschen und nicht zuletzt das Freilichtmuseum „Hembygdsgard“ aus dem 16. Jh. Die meisten der Zehn Gebäude stehen immer noch da wo sie ursprünglich erbaut wurden und vermitteln einen wunderbaren Eindruck vergangener Tage. Ja sogar eine Säulenhöhle liegt in Gehweite vom Ort.
Ein Stück Menschheitstraum
Mit großem Elan und voller Vorfreude auf die kommenden Tage schleppen wir am Morgen die komplette Ausrüstung hinunter zum Strand. Unseren roten Kanadier haben wir am Abend zuvor zusammengebaut. Letzter Check: Lebensmittel für 4 Tage, Zelt, Angeroute, Fotoausrüstung, Westen, Ersatzpaddel und Wurfsack, Kochgeschirr und das Mittel gegen Stechmücken. „Hoffe wir haben nichts vergessen“ sagt Manuela und nimmt schon einmal in der Mitte Platz. Der See präsentiert sich spiegelglatt, die Sonne scheint und weit und breit ist niemand in Sicht. Schlag um Schlag gleiten wir vorwärts, peilen dabei die schmale Landzunge im Südwesten an. Hübsche Holzhäuser teilweise fast unsichtbar im Wald verborgen schieben sich in das Blickfeld. Klar, jedes einzelne mit seinem eigenen Bootsanleger – so was sollte man sein Eigen nennen dürfen. Nach einer Stunde werfen wir euphorisch die Angel hinter uns aus, mal abwarten, vielleicht gibt’s ja frischen Fisch zum Abendessen. Wir steuern auf den Naturpark Sjövik zu. Und dazwischen: Kleine pittoresken Inselgruppen deren meist glatt geschliffene Felsplateaus sanft ins Wasser abfallen. Wasser so klar, dass man bestimmt zehn Meter tief gucken kann. Fische sehen wir en masse, nur macht keiner die Anstalten auch wirklich anzubeißen. Zug um Zug geht’s voran in einem Landschaftsidyll das wie das Paradies anmutet. Die Ufer gesäumt von Heidekraut, Flechten, Kiefern und Ebereschen untermalen das Gesamtbild. Wir paddeln um eine winzige Vogelinsel herum wo das anlanden strengstens verboten ist und erspähen kurz darauf „unser“ Eiland für die Nacht. Eine Feuerstelle ist auch vorhanden ebenso ausreichend Fläche für unser Zelt. „Und jetzt ein Sprung in den Sommen“ kündigt sich Laura vollmundig an. Schon fliegen die Klamotten zu Boden. Erst hören wir ein großes platschen dann Lauras lauten Schrei „ist das frisch“ ruft sie zu uns hinüber. Dann sitzen auch wir bis zur Nasenspitze im See, herrlich, eins mit Mutter Natur zu sein – für uns gibt es einfach nichts schöneres…
Abenteuer Natur
Der Sommen ruht tief in den Wäldern, umgarnt von Waldbergen, die dem See seine ungewöhnliche Form verliehen haben. Über 300 Inseln, unzähligen flache Buchten und nur ganz wenige Siedlungen bilden eine Region die unter Kanuwanderen ihres gleichen sucht. Und dann dieses wunderbare Gefühl von Freiheit zu erleben sich sprichwörtlich treiben zu lassen. Immer wieder faszinierend mit welch wenigen Mitteln man ein Maximum an Lebensqualität erfahren darf. Laura und ich paddeln, Manuela spielt indes mit der Hand im Wasser und guckt über die Kante und eine wie Manuela blickt zurück. Eintauchen, ziehen, drehen und steuern der Naturpark Bjälnäsahall ist bereits in Sichtweite. Wir paddeln und lassen die Insel Öxelon links liegen drehen ab nach Osten und nehmen Fahrt auf das nächste Eiland. Torpön ist gemessen an den andern Inselchen groß. An der Nordspitze gibt es einen Campingplatz, Cafe und einen kleinen Laden wo man sich wenn nötig mit Lebensmitteln eindecken kann. Wir landen für eine Rast an und kommen mit einem Schweden ins Gespräch. Begeistert von der Ruhe gibt der freundliche Herr und zu verstehen, dass das in der Saison ganz anders aussähe und auch unzählige Motorboote ihre Kreise auf dem Sommen ziehen würden. Wir umrunden das Cap und sind froh genau jetzt auf dem See zu paddeln, denn außer uns haben wir bis jetzt nur einen Kanuten und eine Handvoll Motorboote erblicken können.
Der Weg zurück nach Malexander
Das Landschaftsbild wechselt nun ständig. Wiesengrundstücke mit Anleger und schöne einsame Buchten begleiten uns auf der Fahrt an die Südspitze von Torpön. Nach etwa der Hälfte der Strecke erblicken wir Trollön mit seinen markanten Felsformationen und dem sagenumwobenen Wald mit seinen Eichen, Espen, Birken und Kiefern. Wenige Paddelschläge später erhebt sich mit 258 Metern Höhe der beeindruckende Bergrücken des Bodaberget. Wir diskutieren eine Weile ob wir hinaufsteigen sollen oder nicht und entscheiden uns dann doch für die Besichtigung der Kirche von Torpa. Deren Gemäuer stammt aus dem 12. Jh. bereichert durch wunderbare Deckenmalereien ist sie auf jeden Fall einen Besuch wert. Langsam paddeln wir auf die enge Durchfahrt an der Südspitze von Torpön mit ihrem Naturschutzgebiet zu. Ein Ort den Fischadler, Prachttaucher und Sturmmöwe ihr Zuhause nennen. Hier drehen wir die Spitze des Kanadiers gen Norden mit Kurs auf Malexander. Für die letzte Nacht auf unserer Paddeltour suchen wir uns noch einmal einen wunderbar einsamen Platz an der Sonne den wir auch prombt nach der Umrundung der Halbinsel Ödesjön finden. Wir entzünden ein Lagerfeuer, gehen baden, genießen unser letztes Travellunch und wünschen uns in dem Moment nichts mehr als dass wir noch ein paar Tage länger unterwegs sein dürfen. Traurig zum Einen, weil sich die Paddeltour dem Ende zuneigt, glücklich das wir das überhaupt erleben durften. Am Morgen nach einer Schüssel Müsli packen wir alles zusammen verstauen die Ausrüstung im Kanu und paddeln zurück nach Malexander. Schneller als gedacht schiebt sich der Bug unseres Kanus in den warmen Kiessand am Anleger. Wir setzten uns ans Ufer lassen die letzten vier Tage Revue passieren und sind uns schnell einig, dass wir nicht das letzte mal bei einer Paddeltour auf dem Sommen unterwegs waren…
Infobox Paddeln auf dem Sommen in Schweden
Anreise
Die Stena Line Fähre pendelt mehrmals wöchentlich zwischen Kiel und Göteborg www.StenaLine.de
Von Göteborg bis nach Malexander dauert die Fahrt mit dem Auto ca. 3 Std.
Reiseführer/Karten
Reisehandbuch Südschweden, ISBN: 978-3-8317-2337-9, 22,50 Euro, Karte Schweden Süd, ISBN: 978-3-8317-7381-7, 9,95 Euro www.reise-know-how.de; Kanu Kompass Südschweden, ISBN: 978-3-934014-18-3, 19,90 Euro, www.thomas-kettler-verlag.de; Eine Gewässerkarte kann auf dem Campingplatz Malexander für 40 Kronen erworben werden.
Tourenvorschlag
Der Sommen ist einer von Schwedens größten Seen. Wegen seiner einzigartigen Merkmale, wie die vielen schmalen Ausläufer, kleinen Inseln und flachen Buchten eignet sich die Region vorzüglich zum Kanuwandern. Start ist in Malexander. Die Tour: Malexander in den Naturpark Sjövik, weiter zum Naturpark Bjälnäsahall, weiter nach Öxelon um die große Insel Torpön herum zurück nach Malexander. Gesamtdauer 4 Tage – 3 Nächte.
Währung
1,00 Euro = 10 Schwedische Kronen (Stand April 2018)
Links
www.malexanderturism.se
www.visitsweden.de
www.sommen.nu
Übernachtung
Malexander: Camping-Caravan und Cabin Park Malexander, Tel. 0046 (0)70 2130069, www.malexanderturism.se, info@malexanderturism.se
Camping unterwegs
Manche der Inseln sind als Naturreservat ausgewiesen auf denen nicht campiert werden darf, das gilt auch für diverse Vogelinseln die dazu auch nicht betreten werden dürfen. Es gibt auch offizielle Campingplätze auf der Paddeltour die der Gewässerkarte entnommen werden können.
Kanuverleih
Camping-Caravan und Cabin Park Malexander, Tel. 0046 (0)70 2130069, www.malexanderturism.se, info@malexanderturism.se