Wasserwandern im Land der Mitternachtssonne

Schon einmal in Finnisch Lappland gepaddelt? Wenn nicht, dann sind Sie hier genau richtig. So viele Seen, so viel Platz, so viele kulturelle Höhepunkte. Der Inarisee gehört dabei unbestritten zum Eldorado der Wassersportler. Wen wundert es, liegt er doch in einer der faszinierendsten Landschaftsbilder Finnlands.

Text/Fotos: Klaus Herzmann

Wahrscheinlich ist es der Zauber des besonderen Lichts in diesem Skandinavischen Land, die Sonnen strahlenden Nächte, die schier endlosen fast menschenleeren Weiten, die so sehr entzücken. Die großartige Natur, die alljährlich in den kurzen aber intensiven Sommermonaten zu explodieren scheint. Dann ist es wieder einmal so weit und es hält niemanden mehr in seinen vier Wänden. Alle strömen nach draußen, tanken Energie in den urwüchsigen Landschaften, an einem der unzählbar vielen Seen oder weitab in den unendlich scheinenden Wäldern. Ob Einheimischer oder Gast, Finnland ist ein Land der Individualisten, die sich gerne und ausgiebig in Mutter Natur bewegen. Traditionell wählen wir für die Anreise die Fähre der Finnlines von Travemünde nach Helsinki. Entspannt, sich dem Wunschland nähern, on Board die kulinarischen Vorzüge genießen, ein Buch lesen und die Vorfreude auf das was vor uns liegt wirken lassen. Finnland wir kommen!

Suomi – Das Land der Finnen

Helsinki, die Schöne, liegt noch verschlafen im Morgenlicht als wir in den Hafen einlaufen. Ausgeruht machen wir uns direkt auf den Weg in den hohen Norden. Das kann dauern. Denn Finnland ist flächenmäßig beinahe so groß wie Deutschland, zählt aber nur 5,5 Millionen Menschen. Tatsächlich nehmen wir uns drei Tage Zeit, legen im quirligen Tampere noch einen Stopp ein bis wir in Ivalo ankommen. Für einen Kaffee und die leckeren Pulla (Zimtschnecken) ist natürlich Zeit, bevor wir weiter in den Ort Inari fahren. Wunderbar schmiegt der sich an den gleichnamigen See. Die samische Kultur ist hier allgegenwärtig und dieses indigene Volk macht hier 30 Prozent der Bevölkerung aus.

Neben der Rentierzucht und Forstwirtschaft ist heute der Tourismus im Sommer wie auch im Winter zum Haupterwerbszweig der Gemeinde geworden. Mittelpunkt des Ortes bildet das neue Northern Lappland Nature Centre Siida. Hier versorgen wir uns nicht nur mit einer Gewässerkarte für unsere Kanutour, sondern besuchen natürlich auch das integrierte Museum.Eineeindrucksvolle Ausstellung entführt hier in das Leben der Samen. Die nomadische, auf Rentier Zucht basierende Lebensweise dieses Naturvolkes wird hier eindrucksvoll in vielen Ausstellungsstücken und Fotos demonstriert. Und draußen erzählen eine Vielzahl alter Hütten und Zelte Geschichten über das harte Leben im Einklang inmitten rauer Naturgegebenheiten.

Ausgangspunkt erreicht

Nellim ist ein ruhiger gemütlicher kleiner Ort. Mit Hafen, wo sich vertäute Boote im Rhythmus der Wellen wiegen, vereinzelte Gehöfte, Huskyfarm und Kanuverleih, Orthodoxe Holzkirche, das Wilderness Hotel und Natur so weit das Auge reicht versteht sich. Wir bringen unser gesamtes Equipment zum Ausgangspunkt in den Hafen und lassen unser Fortbewegungsmittel für die Tage des Unterwegssein bei der Unterkunft stehen. Das Zusammenbauen unseres Ally Canadiers ist mittlerweile Routine. Geringes Gewicht, kleines Packmaß, langlebig und robust, dazu hohe Flexibilität. Eigenschaften, die wir bis heute zu schätzen wissen. Gemütlich sortieren wir alle Querstreben dorthin wo sie auch hinsollen. Die Rohrsysteme fügen sich mühelos zusammen, dann wird die Bootshaut aufgerollt, die Bodenmatte eingelegt und alles miteinander verbaut. In nur 30 Minuten ist unser Kanu bereit zur Abfahrt. Jetzt nur noch das Equipment verstauen, Westen anlegen und das Gefährt zu Wasser lassen. Der erste Paddelschlag ist immer der schönste, dieses beruhigende dahin gleiten, die frische Luft, Sonnenschein und keine Mücken – ein Traum. Der Inarijärvi (Järvi = See) ist das größte Gewässer Lapplands und nach dem Saimaa in Südkarelien, dem Päijänne in Mittelfinnland der größte im Lande. Wir freuen uns, endlich nördlich des Polarkreises „in See“ stechen zu dürfen.

Endlich auf dem Wasser

Um mehrere kleine Inselchen herum (davon soll es hier über 3.000 geben) paddeln wir Zug um Zug auf das Ufer der Insel Speinniemi zu. Feuerstelle, Hütte, Trockentoilette und außer uns niemand hier, das gefällt uns. Wir rasten ausgiebig, die Sonne schein uns ins Gesicht –

es ist einfach herrlich. Die gegenüber liegende Insel Lusmasaari lassen wir rechts liegen und visieren das nächste größere Eiland an. Wind kommt auf und schüttelt uns durch, Geschwindigkeit bringt Stabilität, so überwinden wir die Paddelstrecke im Nu, kommen dabei aber ganz schön ins Schwitzen. Eine enge Passage folgt und wir liebäugeln bereits mit der einen oder anderen Stelle, um unser Zelt aufzubauen. Kurz vor Tyllylahti werden wir fündig. Ein herrlicher Platz mit weißem Strand – hier machen wir uns ordentlich breit. In der Zeit wo „Frau“ sich mit dem Abendessen beschäftigt richtet „Mann“ Zelt für die Nacht. Travellunch steht heute auf dem Speiseplan. Beutel aufreißen, kochendes Wasser aufgießen, umrühren, 5-10 Minuten ziehen lassen – fertig. Manuela entscheidet sich für das Couscous vegetarisch, ich fürs Beef Stroganoff mit Reis – sehr lecker. Und zum Dessert einen Milchreis mit Äpfeln und Zimt hinterher. „Wenn das keine Energie für den nächsten Paddeltag bringt, dann weiß ich auch nicht mehr.“, lacht Manuela.

Begegnungen unterwegs

Dunkle Wolken sind am Morgen aufgezogen, Wind frischt auf. Wir Frühstücken und lassen uns so gar nicht aus der Ruhe bringen. Schwungvoll stoßen wir unseren Canadier ab, umpaddeln die nächste Biegung und erblicken mehrere Zelte. Ein Dutzend Jugendliche tummelt sich am Ufer, Rauch steigt vom Feuer auf. Wir winken uns zu und steuern direkt auf Täyssinän rauhan rajakivi. Eine Sehenswürdigkeit soll’s hier geben, ist zumal so in der Karte markiert. Doch das soll noch etwas dauern. Ein Aluboot mit Außenborder kommt nämlich in unsere Richtung gefahren. Die beiden Insassen: Tjark und Keke, zwei Wetter gegerbte freundliche Typen, Vollbart, Baseballmütze, Parka und natürlich die Angel im Anschlag – irgendwie so wie man sich halt  finnische Naturburschen vorstellt. Die legen in ihrer Landessprache vor und wir kapieren rein gar nichts. Puh, Finnisch ist echt faszinierend, aber enorm schwierig und die meisten Worte unglaublich lang. In Englisch geht’s dann doch gleich leichter von statten. Wir plaudern so über dies und das bis der Regen einsetzt und wir zügig an Land paddeln. Die Sehenswürdigkeit entpuppt sich als ein Grenzstein, der den Frieden von 1595 unterstreicht, als sich Schweden und Russland noch territorial in den Haaren lagen.

Zurück auf Los

Irgendetwas machen wir falsch! Keinem Fisch gefällt unserem Köder: Fisch kommt ran, glotzt blöde und beißt nicht an. Was soll das bitte? Wahrlich man sollte bei der ganzen Angelei nicht allzu siegessicher sein. Dafür hat es auch noch die ganze letzte Nacht auf der Insel Kovasaari durchgeregnet. Wenigstens ist es den Morgen darauf trocken, die Sonne versteckt sich noch hinter den Wolken, aber nach Regen sieht’s irgendwie nicht aus. Wir treiben unseren Canadier an, überfahren die große ungeschützte Freistrecke nach Tervasaari passieren eine Seeenge zwischen Tiaisniemi und Lusmasaari und machen bereits die ersten Boote vom Hafen in Nellim aus. Angekommen. Eine fabelhafte Tour liegt hinter uns und es war bestimmt nicht das letzte Mal, dass wir hier am Inarisee unser Paddel eingesetzt haben. Jetzt aber packen wir alles zusammen, verstauen unser Equipment im Auto und freuen uns schon über eine richtig schöne heiße Sauna in dem Wilderness Hotel. Und danach? Essen und trinken natürlich was sonst. Der Küchenchef empfiehlt heute: Rentiergulasch mit Kartoffelpüree dazu Preiselbeeren, Essiggurkenstreifen und ein kühles blondes Lapin Kulta – super leckere Kombination. Wahrlich, schöner kann man keine wunderbaren Paddeltage auf dem Inarisee beschließen – versprochen.

Infos

Anreise

Auto:

Von Travemünde bequem aus mit den Fähren der Finnlines nach Helsinki (tägliche Abfahrt, Dauer: 29 Std./ 2 Nächte an Bord), Helsinki-Nellim ca. 1.200 km, www.finnlines.de

Flugzeug:

Mit Finnair von Frankfurt nach Ivalo mit Umstieg in Helsinki. Ivalo nach Nellim ca. 40 km. Das Wilderness Hotel bietet einen Shuttelservice an. 

Reiseführer/ Karten

Reiseführer Skandinavien der Norden ISBN: 978-3-8317-3053-7, 23,90 Euro, Landskarte Finnland & Nordskandinavien, ISBN: 978-3-8317-7377-0, 9,95 Euro, Kauderwelsch Finnisch Wort für Wort, ISBN: 978-3-8317-6535-5, 9,90 Euro, www.reise-know-verlag.de

DKV- Kanu Auslandsführer, 6 Auflage, Skandinavien, 19,95 Euro
www.kanu-verlag.de, Inarijärvi Landkarte, 17,90 Euro, www.calazo.fi Erhältlich in der Touristinformation Inari/Stadt (Northern Lappland Nature Centre Siida).

Tourenvorschlag

Kanuvergnügen auf dem heiligen See der Sami – dem Inari. 3-4 Tages- Paddeltour. Gesamt ca. 52 km.

Start in Nellim Hafen, Speinniemi, Insel Lusmasaari, Andreasnuora, Tyllylahti, Kovasaari, Tervasaari Insel, Lusmasaari, Nellim Hafen.

Kanuverleih

Nellim: Bei Nellim Husky, Matthi Salmi, Siikajärventie 64, Tel. +358 (0) 504030040, 1. Tag = 45 Euro, 3. Tage = 100 Euro, incl. Weste, Tonne, Paddel. Wer das Kanu hier mietet kann die Huskyfarm mit rund 100 Tieren kostenlos besuchen! E-Mail: nellimhusky@outlook.com

Nützliche Links

www.visitfinland.com

www.inarisaariselka.fi

www.finnlines.de www.siida.fi

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